Musharraf droht politisches Aus

Gleich nach seiner Wahl geht Pakistans neuer Premier Gillani auf Konfrontationskurs zum Staatspräsidenten. Er kündigt die Freilassung aller Richter aus dem Hausarrest an

DELHI taz ■ Der endgültige Schlagabtausch zwischen Pakistans umstrittenem Präsidenten Pervez Musharraf und der siegreichen Opposition ist einen großen Schritt näher gerückt: Mit Yusuf Raza Gillani hat das Parlament in Islamabad am Montag einen der größten Widersacher Musharrafs zum Premier gewählt. Gillani ging sofort nach seiner Wahl auf Konfrontationskurs zum Präsidenten: Er ordnete die Freilassung aller Richter an, die Musharraf während des Ausnahmezustandes im November unter Hausarrest gestellt hatte.

264 der 342 Abgeordneten hatten für Gillani gestimmt, den die Pakistanische Volkspartei (PPP) der ermordeten Benazir Bhutto als Kandidaten aufgestellt hatte. Der Kandidat der Musharraf-Unterstützerpartei PML-Q, Chaudhry Pervaiz Elahi, erhielt 42 Stimmen. Gillani und Musharraf sind erbitterte Gegner. Musharraf hatte nach seinem Putsch 1999 versucht, Gillani zu bewegen, sich seinen Unterstützern anzuschließen. Der weigerte sich. Daraufhin ließ ihn Musharraf von einem Sondergericht wegen angeblicher illegaler politischer Absprachen während seiner Zeit als Parlamentspräsident 1993–96 zu fünf Jahren Haft verurteilen.

Musharraf erklärte vor der gestrigen Abstimmung, nun habe eine Ära „wahrer Demokratie“ eingesetzt. Die habe er nach seinem Putsch in einem „Dreistufenprogramm“ eingeleitet, um Pakistan zu „Stabilität und Wohlstand“ zu führen. Zur Erinnerung: Um im Amt zu bleiben, verhängte Musharraf im November den Notstand und setzte die Verfassung außer Kraft. Er entließ mehr als die Hälfte der höheren Richter, setzte Hunderte von Regimegegnern fest und baute seine Befugnisse aus. Damit kam er einem vernichtenden Urteil des Obersten Gerichts zuvor, das begonnen hatte, die Rechtmäßigkeit seiner erneuten Kandidatur für das Präsidentenamt zu prüfen.

Vor anderthalb Wochen haben PPP und PML-N erklärt, die neue Regierung werde die Verfassungszusätze zurücknehmen und die entlassenen Richter wiedereinsetzen. Den ersten Schritt dazu hat Gillani am Montag unternommen. Damit droht Musharrafs politisches Ende: Sollten die Richter des Obersten Gerichts wieder ins Amt kommen, ist es wahrscheinlich, dass sie Musharrafs Wahl zum Präsidenten nachträglich für ungültig erklären. SASCHA ZASTIRAL