„Keiner wird als Attentäter geboren“

Auftakt-Lesung der Reihe „Salam Islam“: Wie aus Kindern radikale Muslime werden

taz: Frau Mekhennet, ihr Buch heißt „Die Kinder des Dschihad“. Wer sind diese Kinder?

Souad Mekhennet, Journalistin: Ein junger Iraker zum Beispiel, den ich interviewt habe. Er hat gegen die Amerikaner gekämpft und ist dabei später umgekommen. Er selbst nannte seine Generation so.

Was hat er gemeint?

Er sagte, er gehöre zu den jungen Muslimen, die mit den Bildern aus Tschetschenien, Bosnien, Irak und Afghanistan aufgewachsen seien. Sie hätten immer wieder gesehen, wie dort Muslime getötet wurden, ohne große politische Sanktionen. Sie erlebten das als westliche Doppelmoral. Deshalb zog er gegen die USA in den Krieg.

Haben sich viele ihrer Interviewpartner so entschieden?

Leider ja. Diese jungen Männer haben sich auf die Suche nach ihrer Identität gemacht und oft erlebt, dass sie als Migranten im Westen nicht akzeptiert werden. Sie wendeten sich ihrer Religion zu: Dem Islam, in dem alle Gläubigen gleich sind.

Ist das wirklich so?

In der Theorie zumindest spielen Herkunft und sozialer Status keine Rolle. Was zählt ist die Umma, die Gemeinschaft. Wenn die Jugendlichen sehen, dass diese, wie im Irak geschädigt wird, sind sie anfällig für radikale Ideen. Bin Laden kommt ihnen dann vor wie Che Guevara oder Robin Hood, der seinen Reichtum für den Kampf für die Gemeinschaft aufgibt.

Sind diese Jugendlichen zu retten?

Nicht alle. Aber viele können und müssen zurückgeholt werden. Keiner wird als Selbstmordattentäter geboren. Fragen: IB

Salam Islam, Lesung, Café Ambiente, Osterdeich 70, 20 Uhr