Carstensen will Brot statt Biosprit

Schleswig-Holsteins Ministerpräsident (CDU) stellt Beimischungsquote in Frage. Die Dritte Welt soll vom landwirtschaftlichen Wissen des Landes profitieren. Ob Ökotreibstoff zum Klimaschutz beiträgt, ist umstritten

Biokraftstoffe dürfen nicht die Ernährung der Dritten Welt gefährden. Das hat der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Peter Harry Carstensen angemahnt. Die Konkurrenz zwischen dem wachsenden Bedarf an Nahrung und der neuen Nachfrage für Biotreibstoff habe Grundnahrungsmittel weltweit dramatisch verteuert, sagte der CDU-Politiker. „Dies verschärft das Ernährungsproblem in den ärmsten Ländern.“ Man könne nicht etwas Gutes für den Klimaschutz tun wollen und damit gleichzeitig das Problem des Hungers in der Welt vergrößern.

Es sei zu diskutieren, ob die Förderung von Biokraftstoffen durch verbindliche Beimischungsquoten aufrechterhalten werden könne, verlangte Carstensen. „Eine Tankfüllung mit Biokraftstoff entspricht in etwa der Energiemasse, von der ein Mensch in der Dritten Welt ein Jahr lang leben kann“, erläuterte der diplomierte Agraringenieur. „Dass 850 Millionen Menschen an Unterernährung leiden, ist weder aus ethisch-moralischen Gründen noch aus handfesten politischen Überlegungen hinnehmbar.“ Hunger führe zur politischen Radikalisierung und verursache Migration.

Nach Ansicht des Kieler Regierungschefs sollte ausgelotet werden, wie sich der Ertrag der Landwirtschaft steigern lasse. „Ich will mich in Berlin dafür einsetzen, dass die deutsche Entwicklungszusammenarbeit stärker auf die Entwicklung der ländlichen Räume in der Dritten Welt ausgerichtet wird“, sagte Carstensen, der lange den Agrarausschuss des Bundestages leitete. Gerade dort lägen im Kampf gegen Hunger besondere Chancen.

Schleswig-Holstein könne mit seiner leistungsfähigen Landwirtschaft und Agrarforschung dazu beitragen. „Wir wollen dieses Know-how stärker in die staatliche Entwicklungszusammenarbeit, aber auch in die Arbeit der nichtstaatlichen Organisationen einbringen.“

Die große Koalition in Berlin steht vor der Entscheidung, ob dem Benzin künftig zehn Prozent Biosprit beigegeben werden soll. Dabei ist umstritten, ob Biotreibstoff zum Klimaschutz beitragen kann. Kritiker wie die Organisation „Rettet den Regenwald“ befürchten, dass eine starke Nachfrage nach Biotreibstoff in der Dritten Welt fatale Folgen haben könnte. Traditionelle Strukturen würden durch die Plantagenwirtschaft ersetzt. Eine Landwirtschaft, die wenig Energie und Wasser verbrauche, werde durch einen verschwenderischen Anbau westlichen Typs ersetzt. Wälder und Moore würden zerstört. DPA / KNÖ