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: Billige Betroffenheit

Lidl ist jetzt betroffen. In ganzseitigen Anzeigen will der Discounter nun retten, was zu retten ist

Das Stück Gurke gibt es diese Woche für 29 Cent statt 49, den halben Liter Buttermilch für 45 Cent – und außerdem geht Lidl fair mit seinen Mitarbeitern um. Das ist auf der jüngsten „Wochenweise-Spar-Preise“-Anzeige zu lesen, die der Discounter jetzt in Tageszeitungen geschaltet hat, gerichtet an die sehr geehrten Kunden und Mitarbeiter mit der Bitte, Lidl weiterhin Vertrauen zu schenken.

Gar nicht so einfach. Was soll man von einem Unternehmen halten, das genau darüber Bescheid weiß, wie oft sein Personal auf die Toilette geht – dokumentiert mit Kameras und Aufzeichnungen eines Sicherheitsdienstes. „Das war von uns so nicht gewollt!“, ruft jetzt das Lidl-Management, das sich „betroffen“ gibt. Es handle sich bei den Protokollen über persönliche Informationen, um „Einzelfälle“. Von systematischem Bespitzeln könne keine Rede sein. Wozu also das Ganze? Da kommt Lidl mit dem ganz großen Argument: Arbeitsplatzgefährdung. Weil nämlich so viel geklaut würde, erleide das Unternehmen jährlich Schäden in der Höhe von 80 Millionen Euro. Garantiert nicht nur gefährdet, sondern betroffen ist das Image des Discounters: Wegen der Vorwürfe stürzte Lidl im Image-Index der Marktforscher von Psychonomics ab. Billiggurken allein werden da nicht helfen. CHZ