heute in bremen: „Wir wissen nicht, was wir verlieren“
Die Bedeutung der Biodiversität ist Thema einer Veranstaltungsreihe
taz: Herr Wittig, wie vielfältig sind Flora und Fauna in Bremen? Lässt sich das beziffern?
Burghard Wittig, Naturschutzbiologe an der Universität Bremen: Ja, beispielsweise gibt es im Land Bremen 1.090 Gefäßpflanzenarten, das sind alle höheren Pflanzen ohne Moose und Flechten, sowie 35 Säugetierarten – davon sieben Fledermausarten.
Und wie stehen wir im Vergleich da?
In Nordwestdeutschland gibt es insgesamt weniger Arten als beispielsweise in Bayern oder Baden-Württemberg. Das liegt zum einen an der größeren Vielfalt der Böden dort, am feuchtkalten Klima und an der vergleichsweise intensiven Landwirtschaft, die bei uns betrieben wird. Wenn man sich jetzt nur Bremen anschaut, gibt es allerdings besonders viele Arten.
Wie kommt das?
In Großstädten ist das Klima günstiger und es siedeln sich ständig neue Arten an, die sich über Straßen, Schienen und andere Transportwege verbreiten. Wobei viele auch schnell wieder verschwinden.
Kann man etwas dagegen tun?
Das ist nicht sinnvoll. In der Stadt geht es eben auch bei der Artenvielfalt etwas dynamischer zu, viele dieser Arten leben auch von der Dynamik. Naturschutz hat hier eher etwas mit der Nutzung von Lebensräumen zu, dass man beispielsweise nicht alles zu betoniert, Wildnisbereiche liegen lässt oder Grünflächen einfach seltener mäht.
Wozu brauchen wir eigentlich die Artenvielfalt? Für mein eigenes Überleben ist es doch letztendlich egal, ob es drei oder vier Algen gibt.
Um die Zahlen geht es nicht, sondern um das, was verschwindet. Wir wissen oft nicht, was wir verlieren. Die eine Algenart beispielsweise könnte eine sein, die in der Krebsforschung und -bekämpfung einsetzbar wäre.
INTERVIEW: EIKEN BRUHN
„Zauberhafte Vielfalt“: Veranstaltungen und Exkursionen vom 4. April bis 28. September. Programm unter www.zauberhaftevielfalt.bremen.de
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