Wut und Hass auf fast alle Menschen

Vor dem Landgericht Itzehoe ist der Prozess gegen zwei mutmaßliche Bombenbauer aus Rellingen fortgesetzt worden. Das geplante Attentat auf das Apfelfest sei nur eine Spinnerei aus Langeweile gewesen, sagen die beiden Angeklagten

Andre M. hasst fast alle Menschen. Menschen seien „weniger wert als Bakterien auf einem Scheißhaufen“, wenn ein Killer jemanden umbringt, entsorgt er „Biomüll“, war bis vorigen Sommer auf der Hompage „Hasswut“ des 20-Jährigen zu lesen. Daneben stand ein Gedicht, in dem er seinen Amoklauf an seiner Schule Egenbüttel beschreibt. „Ich wollte meine Mitschüler abmetzeln oder mit Chlorgas ausrotten.“ Bislang hat M. derartige Phantasien nicht in die Tat umgesetzt. Doch jetzt steht er vor dem Itzehoer Landgericht. Im September 2007 soll er einen Sprengstoffanschlag auf das Rellinger Apfelfest geplant haben.

Die Anklage wirft dem Arbeitslosen und seinem 19-jährigen Mitangeklagten Kevin W. Verabredung zum Mord durch Herbeiführung eines Sprengstoffanschlages vor. „Geredet haben wir über eine solche Sache“, gesteht Andre M. am Donnerstag vor Gericht ein. Etwa zwei Wochen vor dem Fest. „Die Äußerungen waren aber nur Spinnereien“, beteuert er.

Doch diese Spinnereien waren sehr konkret. So war bereits ein Bierwagen des Festplatzes im Arkadenhof für die Bombe im Visier. Andre M., der über die Utensilien für 80 Gramm Hexa-Methylen-Triperoxid-Diamin (HMTD) verfügte, wollte den Sprengstoff zusammenmischen. Kevin W. sollte den Handyzünder bauen und hatte Konstruktionen aus dem Internet gezogen. Ihr Kumpel Oli R. hatte sich bereit erklärt, den Sprengsatz per Handy zu zünden. „Wir hatten darüber gesprochen, dass es Schwerverletzte geben würde“, berichtet M., „nicht aber über Tote.“ Obwohl der heimtückische Anschlag in den Köpfen also schon weit gediegen war, soll alles im Sande verlaufen sein. „Es wären viele Freunde und Verwandte verletzt worden,“ begründet M. den Wandel. Daher sei nur noch darüber gefeixt worden. „Es wurde von ‚Bombenstimmung‘ geredet, wir haben uns darüber kaputtgelacht.“

Das bestätigt auch Kevin W. „Ich hab nur mitphantasiert“. Das sei bei anderen Sachen nicht anders gewesen. „Ich habe nie zugesagt, den Zünder zu bauen.“ Die beiden anderen der Clique scheinen die Pläne jedoch ernster genommen zu haben. Sie offenbarten sich der Polizei.

In der Tat ist bei Andre M.s Verhaftung zwei Tage vor dem Fest kein einsatzfähiger Sprengsatz gefunden worden. Dennoch ist er wegen permanenter Gewaltphantasien bekannt. So hatte er schon einmal zur Probe im benachbarten Ellerbek einen Zigarettenautomaten mit 40 Gramm Sprengstoff in die Luft gejagt. (taz berichtete). Auch das örtliche Polizeirevier und Amtsgericht wollte M. schon mal aus Frust in die Luft jagen.

Zu Hause verfügt er über ein großes Repertoire an Gewaltvideos von Amokläufen an Schulen und Serienkiller. „Plötzlich kommt so ein Gefühl auf, manchmal frag‘ ich mich selber, warum ich so etwas denke“, sagt der Rechtsrockfan. Diese Frage wird unter Ausschluss der Öffentlichkeit verhandelt. Der Prozess wird am Montag fortgesetzt.PETER MÜLLER