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: Esther Slevogt betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

Ein bisschen sieht man der Gegend um die Philharmonie noch an, dass sie historisch kontaminiert ist – die Botschaften der ehemaligen Nazi-Alliierten an der Tiergartenstraße zeugen davon ebenso wie die Leerstellen in Form von Plätzen und Parkplätzen. Das Grundstück zum Beispiel, wo sich einmal die berüchtigte Adresse Tiergartenstraße 4 befand, dient heute der Philharmonie als Vorplatz. Bis 1945 stand hier eine alte Stadtvilla, die einer Behörde als Dienstsitz diente, die sich mit der Ausrottung von Menschen befasste, deren Leben als lebensunwert betrachtet wurde. Die berüchtigten Euthanasieaktionen, denen Zehntausende von Menschen mit körperlichen oder geistigen Behinderungen zum Opfer fielen, erhielten den Decknamen T4. Christoph Klimke hat für sein Stück „Tiergartenstraße 4“ nun dokumentarisches Material über Täter und Opfer gesammelt und in einen dramatischen Kontext gebracht, der am Freitag in der Tribüne uraufgeführt wird. Ergebnis der zwölf Nazi-Jahre war ein andauerndes Unbehagen an der deutschen Identität, das eine Uraufführungswerkstatt der Schaubühne durch die letzten sechs Jahrzehnte verfolgte. Nun sind wir in der Gegenwart angelangt, die ab Freitag unter der Überschrift „Deutschlandsaga“ Gegenstand von drei Kurzdramen ist. Dass jeder vergangene Moment bereits Geschichte ist, illustriert auch ein Gastspiel am Deutschen Theater, wo Mittwoch und Donnerstag Michael Thalheimers Hamburger „Hamlet“ gezeigt wird, der erst Samstag am Thalia Theater Premiere hatte. Ganz und gar gegenwärtig zu werden verspricht dagegen Constanza Macras’ neues Tanzstück „Hell On Earth“, das sie mit Neuköllner Jugendlichen im HAU 1 erarbeitet hat, die darin auch tanzend Fragen des Erwachsenwerdens unter verschärften Bedingungen nachgehen werden, die besonders widersprüchlich für muslimische Mädchen sind.

„Tiergartenstraße 4“: Tribüne, ab Fr.

„Hamlet“: Deutsches Theater, Mi. + Do.

„Deutschlandsaga“: Schaubühne, ab Fr.

Hell On Earth“: HAU 1, ab Do.