kurzkritik
: Unbehagen bis zum Schluss

„Wer hat Angst vorm schwarzen Mann?“, fragen die Amokläufer in Thomas Freyers Stück „Amoklauf mein Kinderspiel“. Das Publikum fürchtet sich anfangs mehr vor fliegenden Äpfeln. Zweimal schmettert Schauspieler Ole Lagerpusch sie mit voller Wucht gegen die Wand. Fetzen davon hängen den Zuschauern noch 70 Minuten später in den Haaren.

Das Unbehagen bleibt bis zum Ende. Nicht wegen der vielen Äpfel, die noch auf der Bühne liegen, sondern weil die Verzweiflung und Ohnmacht der Täter im kleinen Theatersaal im Thalia an der Gaußstraße deutlich spürbar ist. Der Amokläufer fühlt sich in der Schule ungeliebt und missverstanden, zu Hause erdrückt ihn die Biederkeit seiner Eltern. Freyers Amokläufer wird nicht von einer Person verkörpert. Jeder der drei Schauspieler übernimmt seinen Part abwechslungsweise. Meistens spielt ihn aber Lagerpusch und zwar so verzweifelt und gequält, dass es einem kalt den Rücken runterläuft.

Die Bühne ist ausgestattet wie der Umkleideraum einer Turnhalle. Lisa Arnold, Gabor Biedermann und Ole Lagerpusch öffnen die Schließfächer und albern mit Dingen herum, die sie darin finden. Nach und nach wird das Stück dynamischer. „Headshot! Regroup Team!“, schreien die Schauspieler – Vokabular aus Gewalt-Computerspielen. Das Kinderspiel wird zum Amoklauf. Ein beeindruckendes und beängstigendes Stück zugleich. ANJA GRÜNENFELDER

www.thalia-theater.de