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: Die Blumenhändlerin

Der Blumenladen liegt versteckt neben einem Imbiss und einer Apotheke, er hat ein Fenster, durch das man wenig sieht außer Schemen von Blumenvasen, die durch den Raum wuchern. Es dauerte lange, bis ich den Blumenladen entdeckte an einem Tag, als ich dachte, dass jetzt wohl nur Blumen helfen.

Die Blumenhändlerin wollte vor allem sprechen. Über ihre bandagierte Hand und das Schreckliche, nicht zu Begreifende, das ihr bei der Ärztin geschehen war. Die Blumenhändlerin hatte üppiges dunkelrotes Haar und einen rot geschminkten Mund, sie hörte donnernde Klassik im Radio und ihre Familie stammte aus Russland. Eigentlich war die Blumenhändlerin Geigerin und ein Konzert stand bevor, was die Angelegenheit mit der Ärztin verschärft haben mag, aber vor allem hatte die Blumenhändlerin schreckliche Schmerzen, aber der Ärztin, so zumindest schilderte es die Blumenhändlerin, war das herzlich egal.

Es war schwierig, sich irgendeine menschliche Person vorzustellen, die sich der Blumenhändlerin widersetzt hätte, noch schwieriger, sich einer tobenden Blumenhändlerin zu widersetzen. Aber da verlor sie die Lust an der Geschichte. Sie sammelte ein paar nicht mehr ganz propere Blumen ein, hier und dort, und schenkte sie mir. „Sind Sie gläubig?“, fragte sie. „Kommen Sie zu uns in die apostolische Gemeinde“. Ich hatte bereits eine Gemeinde. Die Blumenhändlerin fand, dass ich trotzdem kommen solle.

FRIEDERIKE GRÄFF