Zelten gegen die Gen-Rübe

Gentechnik-Gegner besetzen Acker beim niedersächsischen Northeim. Dort will die KWS Saatgut AG gentechnisch manipulierte Rüben anpflanzen, um deren Anfälligkeit zu prüfen. Kritiker fürchten gentechnische Verunreinigung

Sie kamen am frühen Morgen mit Zelten, Schlafsäcken, Lebensmitteln und Feuerholz: Gentechnik-Gegner aus mehreren Städten halten seit dem Wochenende ein Versuchsfeld bei Northeim besetzt. „Anfangs waren wir zwölf, zwischenzeitlich aber auch schon 50 Leute“, berichtet Mirjam Anschütz, Sprecherin der Demonstranten. „Und wir bleiben so lange, bis die KWS den angekündigten Versuch absagt.“

Die KWS Saatgut AG mit Sitz in Einbeck, eines der größten deutschen Saatgutunternehmen und federführend im Bereich der „grünen“ Gentechnik“, will auf dem besetzten Feld sowie drei weiteren Äckern gentechnisch manipulierte Rüben anpflanzen. Sie sollen gegen das Pflanzenschutzmittel Roundup resistent sein. Die KWS-Wissenschaftler wollen bei dem Freilandversuch das Wachstumsverhalten der Rüben und ihre Anfälligkeit gegenüber Krankheiten und Schädlingen prüfen. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) hatte die Versuche Ende März genehmigt.

Die Kritiker halten dagegen, dass auch andere Pflanzen durch die Versuche beeinträchtigt werden und mutieren könnten. Die Risiken seien allenfalls im Labor, nicht aber im Freiland zu kontrollieren. Der Anbau genmanipulierter Zuckerrüben öffne gentechnischer Verunreinigung über einen langen Zeitraum und große Distanzen Tür und Tor öffnen.

Im südlichen Niedersachsen war der Protest gegen die neuen Freilandversuche mit gentechnisch veränderten Rüben in den vergangenen Wochen kontinuierlich gewachsen. Bürgerinitiativen sammelten mehr als 2.200 Unterschriften gegen das Vorhaben. Der Rat der Kreisstadt Northeim hat sich ebenfalls mehrheitlich gegen die Versuche ausgesprochen.

Nach einem Einlenken des Unternehmens sieht es zunächst allerdings nicht aus. Es sei „erschreckend, dass eine relativ kleine Gruppe Forschung derart massiv behindert“, sagte Unternehmenssprecher Henning von der Ohe. Die Aktion richte sich gegen den „Forschungsstandort Deutschland“. Anzeige wegen Hausfriedensbruch hat die KWS bislang aber nicht gestellt. Auch die Polizei beschränkte sich am Wochenende auf Patrouillenfahrten auf der Straße zum besetzten Acker. „Wir beobachten das Geschehen“, so ein Polizeisprecher. Die Proteste sollen weitergehen: Geplant sind unter anderem ein Fußballturnier auf dem besetzten Feld und gentechnikfreie Frühstücks-Buffets.REIMAR PAUL