Eine tolle Niederlage

Deutschlands Tennisspieler sind nicht gut genug, um Spaniens Stimmungskanonen im Davis Cup ernsthaft gefährden zu können

AUS BREMEN DORIS HENKEL

Seit Patrik Kühnen vor sechs Jahren den Job als Teamchef übernahm, beschwört er bei jeder Gelegenheit die Faszination Davis Cup. Es war in der Zeit in der Relegation und in den Niederungen der Play-off-Runden der Europa-Afrika-Gruppe nicht immer ganz leicht, diese Faszination nicht aus den Augen zu verlieren. Aber inzwischen gibt es aktuelle Erlebnisse, die zur Motivation taugen. Denn trotz der Niederlage gegen Spanien erlebte die Generation Kohlschreiber in Bremen, wie mitreißend der Davis Cup in den besten Momenten sein kann.

„Es war ein toller Davis-Cup-Tag heute“, meinte Kühnen selbst angesichts der Niederlage von Kohlschreiber und Petzschner im aufregenden Doppel gegen Feliciano Lopez und Fernando Verdasco (7:6, 6:7, 4:6, 6:2, 10:12). Und obwohl er mit der eigenen Leistung nicht ganz zufrieden war, schwärmte auch Petzschner: „Es war ein geiles Gefühl, da unten auf dem Platz zu sein.“

Damit ist es in diesem Jahr nun erst mal wieder vorbei. Die Nummern zwei und fünf der Welt, Rafael Nadal und David Ferrer, waren für Nicolas Kiefer und Philipp Kohlschreiber am ersten Tag zu groß, und dem Doppel Kohlschreiber/Petzscher fehlte letztlich am Ende ein wenig Glück. Es fehlte diesem Doppel allerdings auch, wie Kohlschreiber in einem anderen Zusammenhang meinte, „das gewisse Etwas“. Körpersprache, Dynamik, demonstrierte Entschlossenheit – Dinge, deren Wirkung in einem ausgeglichenen Spiel nicht zu unterschätzen ist. Aber was das betrifft, waren die Spanier den Deutschen nicht nur auf dem Platz überlegen.

In den Reihen hinter der Bande wirkten die Gelbroten wie ein äußerst lebendiger, gutgelaunter Trupp, und Rafael Nadal gab den quirligen Chef. Stieg zur Unterstützung der anderen bisweilen auf den Stuhl, rannte zwischendurch raus, um Pizza und Getränke für alle zu holen, ließ sich auf dem Rückweg fotografieren, schrieb Autogramme und machte von der ersten Minute bis hin zur abendlichen Feier im Bremer Nachtleben den Eindruck, er sei mit ganzem Herzen dabei. Was er nach einem Jahr der Abwesenheit mit dieser Mannschaft vorhat, ist klar: Der Davis Cup soll wieder in Spanien landen, und gemessen am Auftritt von Bremen spricht nicht allzu viel gegen diesen Plan.

Für die Spanier wird es im September beim Halbfinale gegen die USA oder Frankreich weitergehen, für Kühnen und sein Team wird nun bis zur ersten Runde im März 2009 fast ein Jahr Pause im Davis Cup sein. Die Erkenntnisse des Jahres 08 schließen sich an die des Jahres 07 an und lassen sich im wichtigsten Punkt so zusammenfassen: Es gibt noch reichlich zu tun, aber es ist frischer Schwung im Unternehmen.

Philipp Kohlschreiber hat die spielerische Klasse, eine starke Nummer eins im Team zu sein. Nicolas Kiefer scheint bereit zu sein, sich ins Mannschaftsgefüge zu integrieren, und Philipp Petzschner ist im Doppel eine gute Wahl. Ob Tommy Haas noch mal im Davis Cup zu sehen sein wird, ist nach dem Stand der Dinge momentan nicht einzuschätzen. Die Aktien des noch nicht völlig gesunden Doppelfachmanns Alexander Waske sind am Wochenende in Bremen allerdings eher nicht gestiegen.

Philipp Kohlschreiber nannte Waskes Namen nicht direkt, sprach aber von einem Maulwurf, der Interna wie die neue Prämiengeldregelung aus der Mannschaft ausgeplaudert habe. Was dazu führte, dass Waske, der in Bremen für das DSF tätig war, Samstag und Sonntag auf der deutschen Bank nicht mehr willkommen war. Es gibt also wieder Bedarf an klärenden Gesprächen. Vielleicht sollten sie alle miteinander mal eine Trainingswoche in Spanien verbringen.