Linke setzt weiter auf Kündigung

Mit einem einseitigen Vermerk der Gleichstellungsstelle will die Linksfraktion eine zweite Kündigung begründen. Das Arbeitsgericht erinnerte an die rechtlichen Grenzen von Arbeitgeber-Willkür

Von KLAUS WOLSCHNER

Die Auseinandersetzung um die Kündigung des wissenschaftlichen Mitarbeiters und Geschäftsführers der Linksfraktion, Manfred Steglich, ging gestern vor dem Bremer Arbeitsgericht in die nächste Runde. Diesmal war die Fraktion der Linken durch ihren Geschäftsführer vertreten, der kam aber ohne rechtlichen Beistand. Nachdem die Fraktion den in der letzten Verhandlung geschlossenen Vergleich widerrufen hatte, ging es diesmal um eine zweite fristlose Kündigung, die am 6. 2. 2008 ausgesprochen worden war. Da die Vorgänge, auf die sich die Kündigung bezog, seit dem vergangenen November in der Presse berichtet wurden, sei die arbeitsrechtliche 14-Tages-Frist wohl nicht beachtet worden, merkte Arbeitsrichter Adolf Claussen an. der neue Linksfraktion-Geschäftsführer Leo Stefan Schmitt entgegnete daraufhin, wesentliche Grundlage der Kündigung vom 6. Februar sei ein „Vermerk“ der Gleichstellungsstelle zur Verwirklichung der Gleichberechtigung der Frau, in dem diese unter dem Datum vom 23. 1. 2008 „unzweifelhaft“ einen Fall „sexueller Belästigung“ festgestellt hatte. Rein arbeitsrechtlich äußerte das Gericht Zweifel daran, dass dieses – nicht von der Fraktion in Auftrag gegebene – Papier geeignet sein könnte, die 14-Tagesfrist außer Kraft zu setzen. Zudem sei die Zentralstelle „keine Gutachtenstelle“, meinte Richter Claussen.

Der Anwalt des gekündigten Geschäftsführers, Jürgen Maly, bezweifelte zudem die Aussagekraft des Vermerks. Zur Begründung wird da nur auf Mails verwiesen, in denen der Mitarbeiter gegenüber der Abgeordneten, für die er arbeitete, „seine Zuneigung“ geäußert habe. Das knappe Papier schildere so wenig den Sachverhalt, dass sich die Frage stelle, auf welcher Informationsgrundlage und für welchen Zweck der Vermerk verfasst worden sei, meinte Maly. Er habe bei der Zentralstelle danach gefragt und bisher keine Antwort bekommen. Mit Steglich, gegen den sich die Vorwürfe richten, habe die Frauengleichstellungs-Stelle jedenfalls nicht gesprochen, er habe also keine Chance gehabt, sich dazu zu äußern. Das Arbeitsgericht hatte im ersten Kündigungsverfahren festgestellt, dass die halbe Geschäftsführerstelle Steglichs ohne Angabe von Gründen kündbar war, die andere halbe Stelle als „Wissenschaftlicher Mitarbeiter“ (WiMi) aber eine auf die Legislaturperiode befristete Stelle ohne Kündigungsregelung sei, also nicht normal kündbar. Als der Prozessvertreter der Linksfraktion davon sprach, man könne sich sechs Monatsgehälter als Abfindung vorstellen, musste er sich vom Gericht die Rechtslage erläutern lassen – nach dem erstinstanzlichen Urteil läuft der WiMi-Vertrag noch über mehr als drei Jahre. Über eine Abfindung wollte Steglich aber überhaupt nicht reden. Über das Angebot einer Stelle in Hannover wollte wiederum der Geschäftsführer der Linksfraktion nicht mehr reden – die Fraktion dort habe sich „übergangen“ gefühlt, weil sie erst aus der Presse von dem Vorschlag erfuhr. So musste der Arbeitsrichter das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die erste Kündigung aussetzen.

Die mahnenden Fragen des Richters, ob denn die beiden Parteien ein Interesse daran haben könnten, dass in öffentlicher Verhandlung an dem Fall der beiden verhandelt wird, wo dieGrenzen zwischen „erlaubter Werbung“ und „Belästigung“ liegen, blieb ohne Eindruck auf die Prozessparteien.