ortstermin: Umweltminister von Boetticher wirbt in Kiel fürs Batterie-Recycling
: Gut im Sachen-in-die-richtigen-Behälter-Werfen

Nein, die Alt-Batterien habe er nicht von zuhause mitgebracht, sagt Christian von Boetticher: „Da ist Herr Seyfert von der Pressestelle im Büro mit dem Beutel rumgegangen und hat gesammelt.“ Aber in den Sammelbehälter werfen darf Schleswig-Holsteins CDU-Umweltminister die leeren Batterien und ausgelutschten Akkus selbst – und somit ein gutes Vorbild sein: Alte Batterien gehören nicht in den Hausmüll, sondern in die Kartons der GRS. Das steht für „Gemeinsames Rücknahmesystem Batterien“, und dahinter verbirgt sich eine Hamburger Stiftung, die von den Batterienherstellern unterhalten wird. Allerdings nicht freiwillig: Sie setzen damit EU-Recht um, und das seit genau zehn Jahren. Deshalb schickt GRS zurzeit ihre Mitarbeiter durchs Land.

Der Aufwand tut Not: Die Deutschen, sonst so stolz auf ihre perfekte Mülltrennung, horten ihre Batterien, statt sie in den Kreislauf zurück zu geben. 33.000 Tonnen Akkus und Batterien kommen jährlich neu in den Handel, bei den Sammelstellen landen aber nur 14.300 Tonnen verbrauchter Stromlieferanten. Der Rest findet sich entweder im Hausmüll wieder oder gammelt in Schubladen vor sich hin. Er selbst, gesteht von Boetticher, sei da keine Ausnahme: Bis er ein Batterienbeutelchen voll habe, vergingen Jahre: „Ich brauche ganz selten Batterien. Ich spare, das ist ohnehin am besten“, sagt er. „Wann bin ich denn schon mal zu Hause? In den wenigen Stunden lade ich vor allem meine eigenen Batterien wieder auf.“

Daran mag zurzeit Bedarf bestehen: Glaubt man den Lübecker Nachrichten, könnte von Boetticher demnächst den Stuhl wechseln. Sein Parteifreund, Wirtschaftsminister Dietrich Austermann, wolle angeblich das Handtuch werfen, berichtete die Zeitung, so dass von Boetticher einen Ministersessel weiter rutschen könnte. Die Regierungspressestelle dementierte gestern prompt: „Ein altes Gerücht wird nicht Wirklichkeit, wenn es auf einer Titelseite gedruckt steht.“ Es gebe keine Pläne, das Kabinett umzubilden, erklärte Regierungssprecher Christian Hauck.

Gestern Morgen, im Nieselregen vor dem Landwirtschaftsministerium, geht es dann auch ausschließlich ums Recycling von Batterien, nicht von Politikern. Im Schatten des Infostands, der aussieht wie eine Riesenbatterie, ist der Minister voll in seinem Element – „ich war im Physik-Leistungskurs“ – und zeigt sich als Kenner des Verfahrens, wie Strom aus Kartoffeln gewonnen wird, und welche Stoffe in einer Batterie stecken, weiß er auch noch. Wirtschaftlich betrachtet, ist die frühere Alt-Last inzwischen zu einem echten Wertstoff geworden: „Als die Gesetze zur Rückgabe gemacht wurden, ging es darum, dass der Kram nicht auf den Deponien landet“, weiß von Boetticher. Heute lechze die Wirtschaft danach – die hohen Rohstoffpreise. Langfristig sei sogar denkbar, dass Unternehmen für die alten Batterien bezahlen, um sie schneller wieder in den Kreislauf bringen zu können.

Jede zweite Batterie, die in den bundesdeutschen Sammelbehältern landet, ist übrigens fünf oder mehr Jahre alt. Und jeder Deutsche gibt, statistisch, 171 Gramm Alt-Batterien im Jahr zurück. Dabei liegt Mecklenburg-Vorpommern mit weniger als 101 Gramm weit hinten, Hamburg und Bremen finden sich im Mittelfeld, während Niedersachsen und Schleswig-Holstein zu den Spitzenreitern zählen.

Dass seine Landeskinder so gut sind im Sachen-in-die-richtigen-Behälter-Werfen, das freut den Umweltminister – und sollte er doch demnächst das Amt wechseln, würde es den Wirtschaftsminister ebenfalls freuen. Die Grünen setzten gestern auf jeden Fall einen Brief an Peter Harry Carstensen auf: Der CDU-Ministerpräsident möge doch bitte erklären, was es mit den Gerüchten um den Wechsel auf sich habe. ESTHER GEISSLINGER