Wahnhafte Störung

Das Landgericht lässt einen Stalker, der sein Opfer fast getötet hatte, in die geschlossene Psychiatrie einweisen

Das Landgericht hat am Freitag den Stalker Peter R., der die 29-Jährigen Physiotherapeutin Janine M. jahrelang belästigt und im Oktober 2007 durch Messerstiche fast getötet hat, vom Vorwurf des Mordversuchs freigesprochen. Zugleich ordnete das Gericht die Unterbringung in der geschlossenen Psychiatrie an. „Um es klar zu sagen: Der Angeklagte war der Täter“, führt der Vorsitzende Joachim Bülter im Urteil aus. Es läge aber eine „nicht ausschließbare Schuldunfähigkeit“ wegen einer „wahnhaften Störung“ vor.

Laut einem psychiatrischen Gutachten leidet der 48-Jährige spätestens seit 2003 an einer schizophrenen Psychose, die sich in Verschwörungsphantasien manifestiert hätte. Der Angeklagte hatte die Physiotherapeutin M. im Oktober 2002 als Patient an ihrem Arbeitsplatz kennengelernt. Er habe das „normale Patienten-Therapeuten-Verhältnis“ falsch interpretiert und sich in sexuelle Phantasien hineingesteigert. R. habe M. nachgestellt und belästigt, da er sich abgewiesen gefühlt hätte, sei dies in Feindseligkeit umgeschlagen. „Bei dem Angeklagten haben sich in dieser Zeit die Wahnvorstellungen verfestigt.“

Das Gericht hegt keinen Zweifel, „dass der Angeklagte die Frau töten wollte“, sagt Bülter. „Das zeigt die Wucht der Stiche.“ R. hatte am Tattag M. morgens am S-Bahnhof Langenfelde aufgelauert und attackiert. Als sie über Handy wie am Vortag die Polizei alarmierte und R. zu Fuß verfolgte – „andere Maßnahmen schienen ihr nicht mehr erfolgreich“, so Bülter –, hat R. mit einem Brotmesser zugestochen. Einmal tief in den Bauch und einmal mit abgebrochener Klinge ins Auge.

Die Schilderungen von Janine M. über ihr jahrelanges Martyrium (taz berichtete) hält das Gericht für absolut glaubwürdig. „Sie war eine starke, menschlich und inhaltlich eindrucksvolle Zeugin“, attestiert Bülter. „Sie hat sich ruhig und nicht belastend eingelassen.“ Und das, obwohl sie körperlich und seelisch an den Folgen leide, sich abends nicht mehr allein auf die Straße traue, so Bülter, „und sich sichtlich ins Leben zurückkämpfen muss“. KAI VON APPEN

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