unterm strich
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Die Ansprüche auf den Thron auf dem „Grünen Hügel“ sind eine immerwährende Quelle grandioser familiärer Konflikte und toller Geschichten. Nun ist die Bayreuther Piste für geschmacklose Abendgarderobe erneut zum Schausplatz von Auseinandersetzungen geworden, die man sonst nur aus „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ kennt. Nike Wagner, die Tochter des 1966 gestorbenen Wagner-Enkels Wieland, fühlt sich nämlich von ihrer Cousine hintergangen. Ursprünglich hatten Nike Wagner und Eva Wagner-Pasquier ein gemeinsames Konzept für die künftige Leitung der Richard-Wagner-Festspiele eingereicht. Nun aber droht eine Doppelspitze Eva Wagner-Pasquier und Katharina Wagner. Und damit würden die Festspiele weiter einseitig von der Wolfgang-Linie dominiert, klagt die ausgebootete Nike Wagner in einem Interview der Süddeutschen Zeitung vom Montag. „Klüger, angemessener und interessanter wäre eine Zusammenführung der Linien Wieland und Wolfgang Wagner gewesen“, sagte die Nichte von Festspielleiter Wolfgang Wagner, als handele es sich bei der Leitung des kräftig vom Freistaat Bayern und der Bundesrepublik mitfinanzierten Hauses um ein feudales Streitobjekt. Nach der jahrzehntelangen Leitung des inzwischen 88-jährigen Wolfgang Wagner drohe eine lange Regentschaft seiner jüngsten Tochter Katharina, warnt Nike und fragt: „Lernen wir denn gar nichts aus der Geschichte?“ Eva werde bald ausscheiden, „Katharina wird einen Verlängerungsvertrag nach dem anderen bekommen, und wieder werden sich keine anderen Bewerber melden. Will man diese unendliche Perspektive?“ Nike Wagner ist 62, Eva 63 Jahre alt. Weil der auf Lebenszeit berufene Wolfgang Wagner die Festspielleitung an seine Töchter Eva und Katharina (29) abgeben würde, hat der Stiftungsrat die beiden aufgefordert, ein Konzept vorzulegen. “Dass meine Cousine Eva mich hintergangen hat, dürfte klar sein“, sagte Nike Wagner. Aber „die ‚Ehre‘ ist mir ganz wurscht“. Sie sei glücklich als Intendantin des Kunstfestes Weimar. Bayreuth sei jedoch in einer „künstlerischen Schieflage“. Zum Ausgleich gegen den Wagner-Monotheismus im Sommer brauche Bayreuth zusätzlich eine experimentelle Saison mit jungen Künstlern.