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: Vom Staatsstreich

Das Hörspiel „Unter Glas“ (Do., 18.20 Uhr, SWR2)

Sie haben etwas gegen die herrschenden Verhältnisse: die „Habitués“, eine Gruppe reicher Snobs. Sie halten sich für eine rebellische Elite und treffen sich regelmäßig, um Alternativen zum demokratischen Staat zu diskutieren. Bisher kam aber nur aufgeblasenes Geschwätz heraus. Da wird überlegt, wie man dem „System den Kopf abschlagen“ kann – und das alles bei edlen Speisen beim wohlhabenden Miller. Was fehlt, ist Tatkraft. Bis Henry zu den dekadenten Sesselpupsern stößt und sie mit militärischen Visionen aufmischt.

Den Traum vom Staatsstreich haben Juli Zeh und Benjamin Lauterbach sprachlich kunstvoll komponiert (Regie: Ulrich Lampen) und mit aktuellen und historischen Bezügen garniert. Von Thesen über den islamistischen Terror und die Klimakatastrophe bis zum Wunsch nach einem „Führer“ wird das arrogante stammtischartige Gerede der Upper Class als brandgefährliches Denken enthüllt. Von der Raumüberwachung im Hause Millers wissen die Blabla-Revolutionäre aber lange nichts.

Als zugespitzte Kritik auf die gläsernen, aber tatenlosen, unter einer Glasglocke sitzenden Bürger funktioniert „Unter Glas“ hervorragend. Doch wie der Titel ist auch das 84-minütige Hörspiel mit Bedeutung und Anspielungen etwas überfrachtet. Da hat es dasselbe Problem wie die „Habitués“: viel Worte, wenig Taten. JH