Coaching im Kloster

Die Hannoversche Landeskirche betreibt „Spiritual Consulting“. Spitzenmanager suchen spirituelle Nahrung

Christliche Unternehmensberatung – für Peer-Detlev Schladebusch ist das kein Widerspruch. Der 44-jährige Pastor und Betriebswirt gründete vor vier Jahren mit einem Kollegen „Spiritual Consulting“, eine Abteilung unter dem Dach der Hannoverschen Landeskirche.

„Höchstleistung ohne Burn-out: Kraftquellen nutzen und Menschlichkeit bewahren im Business“, heißt der Titel seines zweitägigen Seminars im Kloster Amelungsborn bei Holzminden. Sechs Führungskräfte aus der ganzen Republik wollen in der niedersächsischen Provinz neue Kraftquellen erschließen. Statt Fünf-Sterne-Luxus gibt es schlichte Zimmer, abends Butterbrote und Tee aus Plastikkannen. Spirituelle Nahrung ist hier wichtiger: Den Tag lassen die Einkehrer am Kamin im Gespräch mit dem Prior des Klosters ausklingen. Immer wieder geht es zum Innehalten, Singen und Meditieren in die über 800 Jahre alte romanische Kirche.

Der Geschäftsführer eines norddeutschen Betriebs mit mehr als 1.000 Mitarbeitern findet’s klasse. „Das Ambiente verführt zum Nachdenken“, sagt der 61-Jährige. Ihn interessiert, was die früheren Generationen der Mönche um- und antrieb. Der Spitzenmanager möchte ausbrechen aus dem Hamsterrad, in dem es nur um Umsatz und Rendite geht. Viele jüngere Teilnehmer suchen nach Wegen, mit dem enormen Druck umzugehen. „Bei mir fühlt sich der Job seit einiger Zeit wie ein Ritt auf der Rasierklinge an“, berichtet ein 41-jähriger Banker.

Am Abend stehen die sechs Männer und ihr Coach dicht gedrängt in den eiskalten Gemäuern der dunklen Klosterkirche um eine brennende Kerze herum. Schladebusch erzählt von den jungen Zisterzienser-Mönchen, die oft nicht freiwillig, sondern auf Wunsch ihrer Familien ins Kloster gingen, aber das „Ora et Labora“ dann intensiv lebten.

Mit der Kirche hatten einige Teilnehmer bisher gar nichts am Hut. Der Coach spricht bei der Auswertung eines Persönlichkeitstests ihre Sprache. „Das ist ein entscheidender Vorteil. Ich will ihnen vorsichtig christliche Werte nahebringen, ohne zu vereinnahmen“, sagt der Pastor, der die spirituelle Beratung mit einer halben Stelle betreibt. Pro Jahr leitet Schladebusch rund zwölf Seminare im Kloster Loccum, Amelungsborn oder Bursfelde, im Sommer geht er mit Wirtschaftsleuten auf Pilgerwanderung. Christina Sticht