„Ein Stück mehr Selbstbestimmung“

Der „Protesttag gegen Diskriminierung behinderter Menschen“ fand zum 16. Mal statt. Wie es weitergeht, ist offen

Mit einer Demo und einer Kundgebung auf dem Domshof hat der 16. „Bremer Protesttag gegen Diskriminierung“ am Dienstag auf die Probleme behinderter Menschen im Alltag hingewiesen. Beim Protesttag werden solche Probleme seit 1993 in Arbeitsgruppen diskutiert. Seine Zukunft ist offen. Das Sozialressort kürzt die Unterstützung.

„Das sind Bestrebungen, die Bremer Behindertenbewegung leiser oder gar mundtot zu machen“, sagt Dieter Stegmann von der „Landesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe behinderter Menschen“ (LAGS). Von 26.000 auf 15.000 Euro jährlich hat das Sozialressort die Unterstützung für die LAGS mit dem Haushalt 2008/2009 gekürzt. Davon finanziere sie neben ihrer Geschäftsstelle und ihrem Beratungsangebot auch die Organisation der Bremer Behindertenparlamente und der Protesttage. „Nur mit ehrenamtlicher Arbeit ist das nicht zu leisten“, macht Stegmann deutlich.

„Großes Interesse, viele Fragen, viel Unsicherheit“, fasst der Landesbehindertenbeauftragte Joachim Steinbrück die Reaktionen auf die Einführung des „Persönlichen Budgets“ zusammen. Seit Januar können „Behinderte“ in Bremen statt Sach- oder Dienstleistungen Geld oder Gutscheine bekommen. Die entsprechenden Leistungen müssen sie damit selbst organisieren. Das Budget werde als ein Stück mehr Selbstbestimmung wahrgenommen. Es gebe aber auch Befürchtungen, dass es langfristig diene, um Leistungen einzusparen.

„Man kann kaum von seinem Geld leben, selbst wenn man in der Werkstatt für Behinderte Vollzeit arbeitet“, berichtet Kassandra Ruhm aus der Arbeitsgruppe „Behindertenpolitische Schweinereien“. Zu teuer seien Lebensunterhalt, Fahrkarten und Medikamente, zu niedrig die Löhne. Der Abbau von Barrieren hingegen geht voran. Ein Viertel der bemängelten Hemmnisse sei in einzelnen Stadtteilen bereits beseitigt, so Fritz Terveer vom „Sozialverband Deutschland“. „Vieles lässt sich mit geringen Kosten machen, wenn man nur mal darüber nachdenkt“, sagt er. Doch die „Klassiker“ sorgen weiter für Ärger: Hohe Bordsteine an Straßenübergängen, fehlende, defekte oder abgeschaltete Ampelsignale für Blinde, zu schmale Behindertenparkplätze.

Stellungnahmen aus der Politik gab es beim 16. Protesttag kaum zu besprechen. Das Behindertenparlament richtet regelmäßig Anfragen an PolitikerInnen. In diesem Jahr reagierte erstmals nur die FDP. „Was uns ein bisschen wundert“, wie Dieter Stegmann sagt. TH