Neustart im Erpresser-Prozess

Vor dem Rostocker Landgericht hat der Prozess gegen drei mutmaßliche Erpresser der Liechtensteiner Landesbank von vorn begonnen. Das Verfahren war im April bereits gestartet, nach einem Prozesstag aber wieder abgesetzt worden

Über einen Mitarbeiter der Liechtensteiner Landesbank (LLB) gelangten der Rostocker Michael F., Michael A. und Jens P. im Frühjahr 2005 an insgesamt 2.325 Kontobelege der Bank. Damit hatten sie Beweise für Steuerhinterziehungen von mehreren Milliarden Euro in der Hand. Um Diskretion bemüht, ging die LLB auf den Vorschlag ein, die Kontodaten gegen 13 Millionen Euro in drei Raten einzutauschen. Bis 2007 wechselten so neun Millionen Euro und 1.600 Belege den Besitzer. Die fehlenden 725 Datensätze sollten im August 2009 die LLB erreichen. Davor jedoch wurde Michael F. auf dem Hamburger Flughafen verhaftet.

Noch vor Prozessbeginn am 11. April dieses Jahres hatte die Hamburger Star-Anwältin Leonore Gottschalk-Solger der LLB, der Bundesfinanzbehörde und der Staatsanwaltschaft die gesuchten Kontobelege angeboten. Doch die Hoffnung, mit diesem Deal für ihren Mandanten Michael F. Strafnachlass zu erwirken, schlug fehl: Am Dienstag wurde die Hauptverhandlung im so genannten Liechtenstein-Prozess in der 8. großen Strafkammer des Rostocker Landgerichts wieder aufgenommen. Die Staatsanwaltschaft wirft den Angeklagten Michael F., Jens P. und Michael A. zusammen mit dem höchstwahrscheinlich verhandlungsunfähigen Immobilienmakler Thomas K. aus Lübeck gewerbs- und bandenmäßige Erpressung der LLB vor.

Das Anwaltsteam der Angeklagten sorgte noch für weitere Verwirrung. Die Juristen stellten einen Befangenheitsantrag gegen die beteiligten Richter und Schöffen, der zurückgewiesen wurde. Wegen der verspäteten Vorladung des Mitangeklagten Michael A. kam es bis zum gestrigen Dienstag trotzdem zur Aussetzung der Hauptverhandlung.

Diese wird überschattet von einer eifrigen Antragswut der Verteidigung. Die Anwälte beantragten neben einer weiteren Vertagung der Verhandlung eine Aussetzung des Verfahrens. Laut der Verteidigung von Jens P. sei die Bestimmung des Rostocker Landgerichts als Verhandlungsort „willkürlich“, da Rostock weder Wohnort noch Ergreifungsort der Angeklagten ist. Außerdem sei das Landgericht für die Strafsache Michael F. nicht zuständig. Ein weiterer Antrag bezieht sich auf die Verlesung der Anklageschrift. Die Verteidiger von Jens P. wollen diese unterbinden, da sie schlichtweg nicht wüssten, „was Herr P. denn eigentlich gemacht haben soll“. Das angepeilte Verhandlungsende zum 30. Mai wird auf diese Weise wohl nicht zu erreichen sein. UTA GENSICHEN