Milliardäre streiten um die Macht bei TUI

Auf der Hauptversammlung des Touristik- und Schifffahrtkonzerns kommt es zum Showdown zwischen den Großaktionären: Der Tankermogul John Frederiksen will mehr Rendite und verlangt den Rücktritt von Aufsichtsratschef Jürgen Krumnow

AUS HANNOVER KAI SCHÖNEBERG

„Geldgier vernichtet Arbeitsplätze“ und „Wer schmückt das Tor zur Welt, wenn Hapag-Lloyd wegfällt?“, steht auf den Plakaten, die hunderte Arbeitnehmer den Aktionären der TUI an diesem Mittwochmorgen entgegenhalten. Sie haben Angst, dass der Machtkampf der Milliardäre bei der Hauptversammlung des Touristik- und Schifffahrtsriesen in Hannover auf ihren Köpfen ausgetragen werden könnte.

„Es geht auch um die Motivation von 68.000 Mitarbeitern, die derzeit hoch verunsichert sind“, beschwört Vorstandschef Michael Frenzel die 2.400 anwesenden Teilhaber. Tatsächlich geht es auch um den Job Frenzels, des mit 14 Amtsjahren dienstältesten Vorsitzenden eines DAX-Unternehmens. Frenzel hat den einstigen Rohstoffkonzern Preussag zur TUI AG umgeformt, die Urlauber und Container auf Reisen schickt. Die Einnahmen der Hamburger Containerreederei Hapag-Lloyd haben schon oft die schwankenden Erlöse im Reisegeschäft ausgeglichen. Aber für den Geschmack einiger Teilhaber ist die Zwei-Säulen-Strategie der TUI noch längst nicht rentabel genug.

Frenzel steht deshalb seit langem in der Kritik. Am Nachmittag sollte es zum Showdown zwischen den TUI-Großinvestoren kommen. Die Multimilliardäre John Frederiksen und Alexej Mordaschow streiten um Veränderungen – und um ihre Rendite als Anteilseigner, die wahrscheinlich zu Lasten von Jobs geht. Allein 2.000 Mitarbeiter beschäftigt Hapag-Lloyd. Auf Druck Frederiksens hat sich Frenzel bereits dazu entschlossen, die Containertochter zu verkaufen. An wen und wie schnell, darüber tobt der Streit.

Die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat hatten gegen die Veräußerung gestimmt: Nun fordern sie, dass nicht das höchste Angebot, sondern der beste Bieter den Zuschlag bekommen soll. Ob Hapag-Lloyd jedoch per „nationaler“ Lösung eher arbeitsplatzschonend an die Deutsche Bahn AG oder an Hamburger Honoratioren verhökert wird, ist ungewiss. Auch die Reederei Neptune Orient Lines aus Singapur hat Interesse gezeigt. Bekäme sie den Zuschlag, würde Hamburg, wo „der Lloyd“ vor 161 Jahren gegründet wurde, den Firmensitz verlieren.

Der Norweger Frederiksen, der mit fast 12 Prozent größter Anteilseigner der TUI ist, fordert auf an die Aktionäre verteilten Flyern: „Es muss aufwärts gehen mit der TUI-Aktie.“ Er hält Vorstandschef Frenzel für einen „Wertevernichter“. Der 63-jährige Herr über die größte Öltanker-Flotte der Welt hat im November rund eine Milliarde Euro in die TUI investiert. Nun will er offenbar Kasse mit der auf fünf Milliarden Euro geschätzten Hapag-Lloyd machen. Das Frederiksen-Lager sagt, es habe genug Stimmen beisammen, um Aufsichtsratschef Jürgen Krumnow zu stürzen – das wäre einzigartig in der DAX-Geschichte, auch Frenzels Stuhl würde wackeln.

„Die Unternehmensführung bei TUI ist schlicht inakzeptabel“, greift Frederiksens Vertrauter in Hannover, Tor Olav Trøim, Frenzel an. „Man sollte mit positiven Veränderungen ganz oben anfangen und den Vorsitzenden des Aufsichtsrats ersetzen, der eine fortdauernde schlechte Leistungsbilanz des Vorstands toleriert hat“, erklärt er. Und: „Wir sind keine Unruhestifter, keine Hedgefonds, wir sind Mitaktionäre, die das Unternehmen bei der Schaffung von Wert unterstützen wollen.“ Nicht wenige Aktionäre klatschen.

Auch das Frenzel-Lager ist mächtig: Er wird vom kremltreuen Stahl-Oligarchen Mordaschow gestützt. Mordaschow will mit der TUI in Russland expandieren, seine Holding hält zehn Prozent am Konzern. Der Ausgang der Abstimmung war bis zum Redaktionsschluss unklar.