WER DIE HILFELEISTUNG FÜR BIRMA ALLZU POLITISIERT, SCHADET DEN OPFERN
: Humanität versus Souveränität

Kann und soll ein autoritäres Regime gezwungen werden, internationale Hilfe anzunehmen? Birmas Junta demonstriert, dass es für sie zweitrangig ist, ob den Zyklonopfern schnell geholfen werden kann. Für sie hat das eigene politische Überleben oberste Priorität. Und das will sie mittels einer maßgeschneiderten Verfassung sicherstellen, über die am kommenden Samstag abgestimmt werden soll. Derweil versucht Frankreichs Außenminister Bernard Kouchner, ein Anhänger „humanitärer Interventionen“, die Junta qua UN-Sicherheitsrat zur schnellen Öffnung ihres Landes zu zwingen. Vorerst ist er damit gescheitert, nicht zuletzt, weil Ländern wie China Souveränitätsfragen besonders wichtig sind.

Die Verzweiflung der Überlebenden und die Frustration der Helfer sind verständlich. Doch kann Hilfe mit der Brechstange funktionieren? Ein genauer Blick ergibt, dass die Junta keine völlige Blockadepolitik fährt. Sie lässt begrenzte Hilfe zu. Vor allem aber erscheint sie konzeptlos und von der Katastrophe wie den Hilfsangeboten völlig überfordert. Mal werden etwa Visa für Helfer erteilt, mal nicht. Diplomaten lästern ohnehin seit Jahren über die geringe professionelle „Qualität“ birmesischer Entscheidungsträger.

Doch so mühsam es ist: An einer Zusammenarbeit mit der Junta führt kein Weg vorbei. Zum einen ist nun einmal sie – und nicht die Hilfsorganisationen – für die Vorgänge im Land verantwortlich. Erstere verfolgen eigene Interessen und haben oft nur ihr Prestige und ihre Projekte im Blick. Eine Koordination ist deshalb so sinnvoll wie auch gewisse Kontrolle nötig. Schon viele Katastrophen haben das gezeigt.

Gleichzeitig politisiert man die Lage auf unverantwortliche Weise, wenn man die Hilfe zur Machtfrage deklariert. Jede Hilfslieferung wird damit zur Widerstandshandlung erklärt. Das hilft nicht den Opfern, sondern vergrößert nur das Misstrauen der Junta und erschwert künftige Hilfe. Umgekehrt könnte eine vertrauensvolle Zusammenarbeit ein Weg sein, das Land zu öffnen und an internationale Standards heranzuführen. SVEN HANSEN