Prinzenrolle: Bauleiter

Charles, britischer Thronfolger, darf seine Öko-Retortenstadt Sherford in Devon nun bauen

Irgendwie muss man sich ja beschäftigen. Während Camilla Parker-Bowles laut Zeitungsberichten dem Alkohol verfallen ist, hat ihr Gatte, der britische Thronfolger Prinz Charles, große Pläne. Anfang des Monats hat er die Baugenehmigung für die Retortenstadt Sherford im Süden der Grafschaft Devon bekommen. Die Bauarbeiten werden noch in diesem Jahr beginnen, 2020 soll die Stadt fertig sein.

Es wird die grünste Stadt im Vereinigten Königreich, freut sich Charles. Die Baumaterialien kommen aus einem Umkreis von 80 Kilometern. Energiesparbirnen sind Pflicht, Thermoplastfenster sind verboten, weil Charles sie hasst. Die 12.000 Menschen, die in den 5.500 Häusern wohnen werden, bekommen ein Fahrrad geschenkt, Autos sind aus weiten Teilen der Stadt verbannt und müssen auf einem 150 Hektar großen Parkplatz am Stadtrand abgestellt werden. Auf den Dächern werden Gärten angelegt, die meisten Häuser erhalten Sonnenkollektoren. Die Hälfte des Strombedarfs soll durch erneuerbare Energien abgedeckt werden. Dafür sorgt auch eine gigantische Windturbine neben dem Parkplatz. Noch 2005 hat Charles ein solches Windkraftwerk in Sichtweite seines Schlosses Balmoral verhindert, weil es ein „Schandfleck“ sei und zu großer Lärmbelästigung führe, wie der Prinz argumentierte. Aber in Sherford muss er ja nicht wohnen.

Als Charles seine Pläne vorgelegt hatte, hagelte es 3.000 Einsprüche aus den Nachbardörfern. Die Leute monierten, dass die Stadt auf einen Grüngürtel gebaut werden soll. Fast zwei Kilometer Hecken werden dafür entfernt, der Tierbestand dadurch dezimiert. Die Windturbine beeinträchtige außerdem den Blick auf ein Fort aus der Eisenzeit, und die Häuser stehen dann auf zwei Begräbnishügeln aus der Bronzezeit. Als Charles den Beschwerdeführern Mitspracherecht bei der Planung von Sherford einräumte, zogen sie ihre Einsprüche zurück. Charles hofft, dass das traditionelle englische Design seiner Ökostadt den Gemeinschaftssinn fördern und die Verbrechensrate senken werde. Die Stadt bekommt natürlich einen Cricketplatz, die Hauptstraße wird im georgischen Stil gebaut, wie es Charles’ Vision einer englischen Gartenstadt entspricht. Die hat er bereits in Poundbury, einem Stadtteil von Dorchester, umgesetzt. Mit dem Bau wurde 1993 begonnen, 2025 soll das Städtchen für 5.000 Bewohner fertig sein. Jetzt leben etwa 1.200 Menschen in Poundbury. Architekten kritisierten das Projekt als Kuddelmuddel, entsprungen der Fantasie eines Menschen, der sich nach vergangenen Zeiten sehnt.

Charles lässt sich die Kritik nicht gefallen. „Eins muss man der deutschen Luftwaffe lassen“, sagte er. „Sie ersetzte unsere Gebäude, die sie zerstört hatte, wenigstens nur durch Trümmer. Um die St.-Paul-Kathedrale in London herum erwies sich die Stadtplanung dagegen als Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln.“ RALF SOTSCHECK