EU-Minister beraten Finanzmarktaufsicht

Auf ihrem Treffen in Brüssel diskutieren die EU-Finanzminister, wie die Aufsicht über Banken ausgestaltet werden kann. Weitere Themen sind die Trockenlegung von Steueroasen und der Mehrwertsteuerbetrug an Staatsgrenzen

BERLIN taz ■ Die europaweite Regulierung des Finanzsektors nimmt konkrete Formen an. Die EU-Finanzminister debattieren heute auf ihrem Treffen in Brüssel über eine verbesserte Aufsicht der Finanzmärkte. Geplant ist ein Frühwarnsystem, um riskante Entwicklungen bei Großbanken, Versicherungen und Investmentfirmen zu erkennen. Weitere Themen sind die Trockenlegung von Steueroasen und die Eindämmung des Mehrwertsteuerbetrugs.

Bereits vor einem Monat hatten sich die Finanzminister darauf verständigt, die Aufsicht über Finanzinstitute auszuweiten. Die entsprechende EU-Richtlinie tritt im Juli dieses Jahres in Kraft. Demnach sollen europaweite Stabilitätsgruppen für Institute eingerichtet werden, in denen Vertreter von Zentralbanken, nationalen Aufsichtsbehörden und Finanzministerien derjenigen Länder sitzen, in denen das Institut tätig ist. Ein solches Kontrollgremium würde der Deutsche Bank oder der UniCredit-Gruppe an die Seite gestellt. Europaweit gibt es bis zu 46 Finanzinstitute, für die ein Gremium eingerichtet werden soll.

Die Stabilitätsgruppen sollen Zugang zu internen Daten der Finanzinstitute haben und diese nach einem einheitlichen Analyserahmen auswerten. Auch sogenannte Stresstests sind vorgesehen, um die Entwicklung von Bilanzrisiken zu beobachten. Wichtig soll zudem der ständige Austausch zwischen den Stabilitätsgruppen sein.

Die Maßnahmen sollen helfen, die verschiedenen Aufsichtstraditionen in den europäischen Ländern zu vereinheitlichen. Die Aufsicht gleich einer gemeinsamen europäischen Institution zu übertragen, geht den Finanzministern allerdings zu weit. „Zuerst werde es um bessere Kooperation gehen“, sagte Finanzminister Peer Steinbrück (SPD). Für die Zukunft schloss er eine europäische Institution jedoch nicht gänzlich aus.

Weiteres Thema der Finanzminister ist der Kampf gegen die grenzüberschreitende Steuerhinterziehung. Drei Monate nach der Liechtenstein-Affäre will EU-Steuerkommissar László Kovács erläutern, wie die Verschärfung des europäischen Zinssteuergesetzes aussehen soll. Kernpunkt der aktuellen Diskussion ist die Frage, ob die derzeit geltende Zinsbesteuerung auf Institute, im Fachjargon juristische Personen genannt, ausgeweitet wird – und damit auch auf die in Schlagzeilen geratenen Stiftungen. Bisher gilt sie nur für natürliche Personen, also für private Anleger.

Im Rahmen des Zinssteuergesetzes tauschen die meisten europäischen Mitgliedstaaten, darunter auch Deutschland, Informationen über die Erträge aus Spareinlagen von EU-Ausländern aus. Für einige Staaten gilt eine Sonderregelung, wenn diese damit gegen ihr nationales Bankgeheimnis verstoßen würden. Dazu gehören Belgien, Luxemburg und Österreich. Vor allem Deutschland pocht auf die Trockenlegung von Steueroasen über die Verschärfung des Zinssteuergesetzes. Die EU-Länder mit Bankgeheimnis bestehen allerdings darauf, dass auch nicht zur EU gehörende Länder wie die Schweiz oder Liechtenstein mitziehen. In der EU-Steuerpolitik müssen Entscheidungen einstimmig gefällt werden, sodass eine schnelle Einigung eher unwahrscheinlich ist – die Länder mit Bankgeheimnis also auch weiter von der Steuerflucht aus anderen Ländern profitieren.

Weiteres Thema auf der Agenda der Minister ist der Mehrwertsteuerbetrug. Bei Lieferungen über Staatsgrenzen hinweg kassieren Kriminelle Vorsteuerabzüge oder Rückerstattungen für die Steuer und verschwinden anschließend, ohne die Mehrwertsteuer gezahlt zu haben. Österreich und Deutschland propagieren ein weniger betrugsanfälliges Steuermodell, bei dem erst der Letzte in der Lieferkette die Mehrwertsteuer zahlt. Auch hier haben zahlreiche Staaten bereits ihren Widerstand angemeldet.

MAIKE BRZOSKA