: Wohin bloß mit dem Kind
Orte, die Kindern und deren Begleitpersonen gleichermaßen Spaß machen, sind schwer zu finden. Die taz nord hat in der Redaktion eine Umfrage gestartet und veröffentlicht an dieser Stelle eine radikal subjektive Liste okayer Orte
Ikea
Meine Tochter, 13 Monate, und schon fast selbstständig laufend, weiß selbst immer genau, wohin: Auf die nächste Fahrbahn, in die nächste Hundepipiecke, an den Rinnstein, wo die Kippen liegen. Weiter gehende Ansprüche hat sie bisher nicht artikuliert. Wäre aber auch ziemlich müßig, wir haben sowieso fast nie Zeit für ein Freizeitvergnügen nach Kindergusto. Meist treiben wir uns in Baumärkten rum oder touren vom Bioladen über Budnikowski bis zum Gemüseladen. Was gar nicht geht: Der Bio-Wochenmarkt auf dem Schulterblatt. Da geht ihr alles viel zu langsam. Ganz O.K.: Ikea. Auf der Anreise kann sie sich ausschlafen. In die Kinderbetreuung darf sie erst in zwei Jahren. Aber einmal in der Sportkarre durch den Laden ist schon fast die Strecke eines Wochenendspazierganges, und doppelt so bunt. JANK
Großneumarkt
Der Großneumarkt unweit des Michels hat für kleine Kinder die Größe eines Erlebnisparks. Und dazu wird er auch, täglich um 15 Uhr. Eine ältere Dame schließt dann einen Schuppen am Rande des Platzes auf, ein Dutzend Kinder stürzt hinein – und rollt mit Fortbewegungsmitteln aller Art wieder hinaus. Es gibt Bobbycars in allen Farben, Fahr- und Laufräder in allen Größen und schließlich ein paar wirkliche Schätze, Realität gewordene Kinderträume: Dreiräder im Harley-Davidson-Design, mächtige, glitzernde Maschinen, mit baumelnden Lederfransen an den Griffen. Die Dinger knattern, wenn sie übers Kopfsteinpflaster rattern. Die Eltern können sich derweil einen Plastikstuhl aus dem Schuppen schnappen und sich in den Schatten der nahen Bäume zurückziehen. Ein gelber Aufkleber auf den Stühlen belehrt, dass sie zum Spieleschuppen gehören, und dass der Alkoholkonsum auf ihnen unerwünscht sei. Die Säufer halten sich auch schön daran. Sie sitzen oder liegen mitten auf dem Platz, zu Füßen der alten Straßenlaterne, die sich plötzlich zur Verkehrsinsel verwandelt hat. Ringsum schrillt und klingelt der Verkehr, ein Rausch ganz eigener Art. Bis um 17 Uhr der Schuppen wieder zugesperrt wird und sich Ernüchterung über den Großneumarkt legt. So schlagartig, wie einem müden Kind die Augen zuklappen. MAP
Kuscheltierladen
Ältere Kinder lassen sich nicht mehr einfach so in den Park oder zum Spielplatz schleppen. Schön ist immer ein Ausflug mit der Bahn, direkt in den Hamburger Hauptbahnhof. Schoppen mögen meine Kinder nicht unbedingt, aber ein Laden in den Wandelhalle des ehrwürdigen alten Bahnhofs hat es ihnen angetan: der Kuscheltierladen. Egal ob Affe, Seehund, Giraffe, Spinne, Eisbär oder Fisch, hier gibt es eigentlich jedes Tier in Plüschform, und die meisten wirklich nicht nur niedlich, sondern auch echt. Im Gegensatz zu den Steiff-Tieren sind die Tierchen mit Preisen zwischen 15 und 19 Euro auch erschwinglich. Das Problem: einfach nur so Kuscheltiere angucken und anfassen ist uns unter den Blicken der meist ältlichen Verkäuferinnen etwas peinlich. Deshalb kaufen ich und meine Kinde eigentlich jedes mal einen kleinen Affen, Löwen oder Hasen. Um sie einem Kind im Freundes- und Verwandtenkreis zu schenken. Oder um einfach genug auf Vorrat zu haben. KAJ
Im Stadtpark (1)
Die Krabbeldecken liegen bei Sonnenschein dicht an dicht um das Lesecafé im Stadtpark. Wer von der Alten Wöhr in den Park reinspaziert, läuft geradewegs auf das Café zu, das in einem früheren Toilettenhaus untergebracht ist. Innen ist es eng, vor dem Tresen mit leckerem Kuchen haben nur wenige Tische Platz. Aber draußen stehen Biertische, und hinten am Café sind Toiletten. Und zwei Schritte über den Weg ist Wiese, auch mit schattigen Plätzen unter Bäumen. Baby kann hier Natur erleben, Grashalme rausrupfen oder in die Baumkronen schauen, größere Kinder spielen gerne mit Bällen oder Eltern. Der Autolärm ist angenehm gedämpft, die Luft gut, der Rhododendron blüht und das Café bietet eine gute Hintergrundinfrastruktur für ein Krabbelgruppentreffen. Dienstags ist Eltern-Kind-Vormittag und alles etwas günstiger am Tresen. GK
Im Stadtpark (2)
Mitten im Stadtpark liegt das Café am Planschbecken. Eine genaue Straßenadresse ist unwichtig, alle Fußwege zwischen großer Wiese und Freiluftbühne führen zum Planschbecken. Das ist knietief, riesig, umgeben von Spielsand und Klettergerüsten. Ein sehr großer Spielplatz schließt sich an. Direkt an das Planschbecken grenzt die Terrasse vom Café am Plantschbecken an. Leicht erhöht gelegen, so dass die Eltern in Ruhe einen Tee trinken können. Bei Regen ist das Café ein guter Zufluchtsort: Es ist rauchfrei, mit einer breiten Fensterfront zum Planschbecken, und mit einem extra Wickelraum bei den Toiletten, der erfreulicherweise nicht an die Frauentoilette angeschlossen ist, sondern auch für Väter zugänglich, und sauber. Einen Spieleraum gibt es auch. Die Essensauswahl ist nicht groß, aber die Lage einmalig. Und die zumeist sehr netten KellnerInnen sind bereit, auch Sonderwünsche der Kinder wie Eiswürfel im Kakao zu erfüllen. GK
Baby-Lounge
Der entscheidende Trick ist die Schranke. Sie trennt den hinteren Krabbelraum vom vorderen Teil der Baby-Lounge im Eimsbüttel, der aussieht wie ein normales Café und auch eines ist, ein gutes sogar mit Waffeln, leckerem Kuchen und schaumigem Latte macchiato. Der Versuch, am Tresen vorne zu bestellen, während das Kind hinten spielt, gestaltet sich schwierig. „Pass auf, deine Kleine kommt raus“, sagt die Bedienung. Die Schranke ist eine Grenze, und Grenzen sind dazu da, überwunden zu werden. Also doch wieder Kaffee trinken im Krabbelraum. Dort gibt es keine Tische, aber immerhin Sitzpolster. Was ist jetzt schon wieder? Nein, nicht schlagen! Die Mutter des Opfers schaut böse. Der Latte macchiato wird kalt. WIE
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen