Millionen für die Schwiegermutter

In einem der größten Bankenerpresser-Prozesse Deutschlands sind vermisste Kundendaten aufgetaucht. Die drei Angeklagten sollen von der Liechtensteiner Landesbank rund neun Millionen Euro kassiert und gewaschen haben

ROSTOCK taz ■ Als die Erklärung der Bank im Gerichtssaal verlesen wurde, wirkte es zunächst wie eine Nebensache. In Kopie habe die Liechtensteiner Landesbank (LLB) Belege von Kundenkonten erhalten, ohne Gegenleistung, versteht sich. Damit vervollständigt sich das Bild in einem der größten Prozesse gegen Bankenerpresser in Deutschland.

Vor dem Landgericht Rostock müssen sich seit Mitte April drei Angeklagte dafür verantworten, weil sie im Jahr 2005 die Bank um insgesamt 9 Millionen Euro erpresst haben sollen. Laut Staatsanwaltschaft haben sich die drei Männer zwischen 41 und 50 Jahren damals mindestens 2.325 Kontobelege von LLB-Kunden verschafft und damit die Bank erpresst. Rund 700 dieser Datensätze sollen sich noch im Besitz der Männer befinden. Vermutlich gehören die nun aufgetauchten Kopien zu den gesuchten Belegen. Immerhin hatten Staatsanwaltschaft und Verteidigung vor Prozessbeginn über die Herausgabe dieser Bankunterlagen verhandelt, aber über die Gespräche Stillschweigen vereinbart.

Bereits seit April läuft der zähe Prozess gegen Michael F., Michael A. und Jens P. Mit einer Flut von Anträgen versuchten deren hartnäckige Anwälte, das Verfahren auszubremsen oder gar an ein anderes Gericht zu verlegen. Zum Leidwesen der pendelnden Hamburger Anwälte sitzen die drei Männer aber immer noch in Rostock.

Gewerbs- und bandenmäßige Erpressung lautet der Vorwurf der Staatsanwaltschaft – ein richtig dickes Ding. Im „Fall Liechtenstein“ stellt sich sich allerdings die Frage, wer sich am skandalösesten verhalten hat: die mutmaßlichen Steuerhinterzieher, die Bank oder derjenige, der Profit aus dieser nicht ganz seriösen Symbiose schlagen wollte.

Insgesamt 13 Millionen Euro sollte eben dieser Profit betragen, den der Rostocker Michael F. und die beiden Mitangeklagten von der Liechtensteiner Landesbank einforderten. Dafür boten sie der LLB die gestohlenen Kontobelege an. Die Drohung: Die mehr als 2.300 Belege könnten als Beweisstücke für Steuerhinterziehungen in Milliardenhöhe dienen. Das Geldinstitut vereinbarte daraufhin drei Übergaben zwischen 2005 und 2009. Rund 1.600 Kontobelege und 9 Millionen Euro wechselten so den Besitzer. Das Geschäft platzte aber, als Michael F. im Herbst 2007 am Hamburger Flughafen festgenommen wurde. Die dritte Rate in Höhe von 4 Millionen Euro wurde nicht mehr gezahlt.

Wie das erpresste Geld vermutlich gewaschen wurde, darüber sagte am Freitag der Immobilienhändler Adalbert G. aus. Im Herbst 2005 sei der Rostocker Michael F. an ihn herangetreten, um ihm mit einem Darlehen über 2,5 Millionen Euro aus einer finanziellen Notlage zu helfen. Von dem in Schweizer Franken ausgezahlten Geld sollte Adalbert G. 6 Prozent Zinsen erwirtschaften. Stutzig habe ihn die Alpenwährung nicht gemacht, nur auf das „Umgetausche“ hatte Adalbert G. nach einiger Zeit „null Bock“. Verteilt wurde das Geld auf die Konten seiner Firma, seines Sohns und sogar seiner Schwiegermutter. Als ihm später Zweifel kamen, habe er den damals in Thailand lebenden Michael F. ausbezahlt.

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