Glaubensstreit vor Bischofswahl

Wegen seiner Homosexualität und angeblich bekenntniswidrigen Lehre hält eine Kirchengruppierung Horst Gorski für ungeeignet, evangelisch-lutherischer Bischof von Schleswig zu werden. Er wurde für die Wahl am 12. Juni nominiert

Wenn in neun Tagen der neue evangelisch-lutherische Bischof zu Schleswig gewählt wird, steht kein Kandidat von konservativen Kirchgängern aus Schleswig-Holstein und Hamburg zur Wahl. Ganz im Gegenteil: Der Kandidat Horst Gorski, Propst in Hamburg-Altona, hat sich in ihren Augen mit einer Karfreitagspredigt von einem „Herzstück christlicher Glaubenswahrheit“ entfernt und sei damit unwählbar für solch ein Leitungsamt der nordelbischen Landeskirche, glauben Menschen wie Ulrich Rüß, Pastor in Hamburg-Eppendorf und erster Vorsitzender der Kirchlichen Sammlung für Bibel und Bekenntnis. Ein weiteres angebliches Manko: Gorski, 51, widerspreche mit seiner Homosexualität Gottes Willen. Der Hamburger Propst wäre der erste schwule Bischofs Deutschlands.

„Im Sprengel Schleswig, der ländlich geprägt ist, hätten viele Gemeindemitglieder für einen Bischof mit einem solchen Lebensstil wenig Verständnis“, sagt Rüß. Deswegen rief er die Synodalen, die entscheidenden Kirchparlamentarier, auf, Gorski nicht zu wählen. Der Angegriffene selbst nimmt zu der Diskussion keine Stellung, aber er wird von der Kirchenleitung, den amtierenden Bischöfen und Professoren unterstützt. Die Kirchliche Sammlung bekam in ihrer Position Unterstützung vom Lübecker Alt-Bischof Ulrich Wilckens.

Beim Umgang mit Homosexuellen gilt die nordelbische Landeskirche als besonders liberal, sie segnet sogar gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften. Der Synodenpräsident Hans-Peter Strenge hat die Kritik der Kirchlichen Sammlung als „diffamierend“ bezeichnet. „Es besteht ein breiter Konsens, dass die Homosexualität eines Menschen ein Hindernis weder für die Ordination noch für die Ausübung eines geistlichen Amtes ist.“ Doch die Kirchliche Sammlung verweist darauf, dass die Homosexualität Gorskis für sie nur einen Nebenaspekt darstelle, der bei den Medienberichten überbewertet worden sei. Ihr Hauptkritikpunkt richtet sich gegen eine Äußerung Gorskis bei einer Karfreitags-Predigt: „Der Tod Jesu war nicht notwendig, damit sich Gott mit uns versöhnt und uns vergibt.“

Hintergrund ist eine komplizierte Grundsatzdiskussion unter christlichen Theologen um die Fragen, wann und warum Gott die Menschen annimmt. Dabei spielt die Kreuzestheologie, die Interpretation von der biblische Geschichte um das Sterben Jesu, eine zentrale Rolle. Verzeiht Gott den Menschen ihre Sünden erst, nachdem Jesu gestorben ist oder erreichen die Gläubigen Gottes Annahme durch Hingabe? Danach richtet sich dann auch, wie wichtig die Theologen das Sterben Jesu finden. „Rüß und die Sammlung glauben offenbar an die Sühne-Theologie – die steht in der Tradition der Theologie aus dem elften Jahrhundert“, sagt der Hamburger Theologie-Professor Hans-Martin Gutmann. Heute werde der Tod Jesu nicht als das verstanden, was die Versöhnung zwischen Gott und den Menschen herstellt, sondern ihre Hingabe. Das sieht die Kirchliche Sammlung anders. Rüß: „Ein Bischof soll für die Lehre der Kirche eintreten und sie zusammen hüten. Das wird Gorski nicht können. Er wird die Kirche weiter spalten.“

Nordelbien hat insgesamt drei Bischöfe, die jeweils einen Sprengel betreuen. Neben Gorski wurde der Propst des Kirchenkreises Angeln, Gerhard Ulrich, vorgeschlagen. Am 12. Juni soll die Landessynode nun den Nachfolger von Bischof Hans Christian Knuth wählen.

Die Kirchliche Sammlung vertritt rund 1.000 Gläubige. Aus ihrer Sicht opfere die Landeskirche elementaren Glaubensinhalte dem Zeitgeist. Die evangelisch-lutherische Amtskirche zählt dagegen zwei Millionen Mitglieder, die Kirchenleitung gilt als sehr liberal. DANIEL KUMMETZ