Telekom-Spitzelei erreicht Bundestag

Opposition verlangt Konsequenzen aus illegaler Datensammlung, Union setzt auf freiwillige Selbstverpflichtung. Unterdessen kündigt die Telekom an, die Zugriffsrechte auf Verbindungsdaten für ihre Mitarbeiter einzuschränken

AUS BERLIN LANA STILLE

Wegen des Missbrauchs von Verbindungsdaten ist die Deutsche Telekom von Politikern aller Parteien im Bundestag scharf kritisiert worden. Während aus der Opposition und der SPD politische Konsequenzen gefordert wurden, lehnte die Union dies ab. „Alles ist gesetzlich geregelt – noch mal verbieten bringt ja nichts“, sagte Jürgen Gehb (CDU). Obwohl ein Skandal sei, was der Telekom vorgeworfen werde, bestehe kein Anlass zur hektischen Betriebsamkeit. „Dies ist nicht die Stunde der Bundespolitik, sondern die Stunde der Strafverfolgung.“

Das sah Gisela Piltz von der FDP ganz anders: „Es ist sehr wohl eine Sache der Politik, wenn mit unseren Daten umgegangen wird wie mit Freibier.“ Piltz kritisierte nicht nur die Vorratsdatenspeicherung, sondern holte gleich zum Großangriff aus: SPD, Grüne und Union hätten den Datenschutz in den letzten Jahren „zum Abschuss freigegeben“.

Für Michael Bürsch (SPD) stellt der Fall Telekom nur die „Spitze eines Eisberges“ dar. Alles deute darauf hin, dass es sich nicht um einen Einzelfall handele, sagte Bürsch auch im Hinblick auf den Bespitzelungsskandal bei Lidl und die neuen Vorwürfe an die Bahn. Eine freiwillige Selbstverpflichtung der Wirtschaft, wie Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) sie anstrebt, werde nicht reichen, sagte Bürsch. Er forderte höhere Sanktionen und umfassendere Kontrollen im Datenschutz.

Auch von der Opposition wurde Schäubles Vorstoß für eine Selbstverpflichtung als nicht ausreichend kritisiert. Dies sei ein „Bundeskabarett der schlechtesten Art“ sagte Petra Pau von der Linksfraktion. Sie forderte, das Sammeln von Daten einzuschränken. „Die Vorratsdatenspeicherung muss weg, weil sie Gelegenheit für Diebe ist“, sagte auch Renate Künast (Grüne). Ziel müsse sein, möglichst wenig Daten zu erheben und zu speichern.

Der Innenminister selbst wollte allerdings keine falsche Datensammelwut erkennen. Es gebe nun mal einen enormen Fortschritt in der Kommunikationstechnologie, „und die Grundlage unseres technischen und wissenschaftlichen Fortschritts sind eben mehr Daten“, sagte Schäuble. Und dass er diese auch weiterhin auf Vorrat speichern will, steht für ihn außer Frage.

Unterdessen kündigte die Deutsche Telekom als Reaktion auf die Bespitzelungsaffäre an, die Verbindungsdaten ihrer Kunden intern besser zu schützen. „Wir werden die Zugriffsberechtigungen auf die Daten begrenzen, ohne den Service zu beeinträchtigen“, sagte Konzernchef René Obermann der Zeit. Das Unternehmen hatte zuvor zugegeben, dass Verbindungsdaten missbräuchlich genutzt worden waren, um etwa Kontakte zwischen Aufsichtsratsmitgliedern und Journalisten zu ermitteln.