Der Preis des Internets

Auch dieses Jahr standen die Gewinner der Grimme Online Awards wieder vor der Preisverleihung im Netz. Das Internet ist eben schneller als sein Preis. Bei den Prämierten ging Qualität vor Neuheit

AUS KÖLN BORIS ROSENKRANZ

Zum achten Mal wurden am Dienstagabend in Köln die Grimme Online Awards verliehen – und zum zweiten Mal, wie dumm, war das Internet schneller als sein Preis. In vergangenen Jahr hatten die Gewinner schon lange vor der Verleihung der Trophäen auf der Internetseite des Grimme-Instituts gestanden – eine technische Panne. Dieses Jahr dann hatte ein Onlinedienst die Preisträger bereits mittags ins World Wide Web hinausposaunt. Woraufhin sich die Grimme-Jury vielleicht kurz in die Zeit wünschte, als ein Bote noch tagelang durch die Pampa reiten musste, um eine Nachricht zu verkünden.

Besonders überraschend war die Preisverleihung also logischerweise nicht. Einzig NRW-Medienminister Andreas Krautscheid hatte offenbar keinen Wind davon bekommen, dass längst alles öffentlich war. „Gut, dass dieses Jahr der Deckel draufgeblieben ist“, sagte er in seiner Eröffnungsrede. Und nun wolle man doch mal sehen, wer gewonnen habe. Dabei machte er ein sehr gespanntes Gesicht. Bis ihn Moderatorin Katrin Bauerfeind darauf hinwies, dass doch schon im Netz und so weiter.

Die Verleihung selbst geriet dann ziemlich steif. Früher kamen ja noch Kaufpromis wie Jeremy Irons vorbei, um a) die Preise zu überreichen und b) die Gala etwas aufzupeppen. Dieses Jahr dagegen begnügte man sich bei Grimmes mit Kleinkünstlern wie Hennes Bender, der versuchte, ein wenig ulkig zu sein. Oder mit früheren Preisträgern wie dem Mode-Irokesen Sascha Lobo, der versuchte, besonders intellektuell zu wirken. Und nebenbei seinen Auftritt via Handy ins Netz übertrug.

In der Kategorie Information gewann dann unter anderem die WDR Mediathek regional, ein Portal, auf dem WDR-Beiträge on demand abrufbar sind. Ein symbolischer Preis vielleicht: Immerhin geht es hier um ein öffentlich-rechtliches Angebot, über dessen Beschränkung in den letzten Tagen heiß debattiert wurde. Und lustig zudem, versucht doch die WAZ-Mediengruppe seit Monaten WDR-Filme in ihr Internetangebot einzuspeisen, was aber bisher angeblich an technischen Problemen gescheitert sein soll. Vielleicht sollten sie einfach auf die Mediathek verlinken.

Dass bei Grimmes Qualität vor Neuheit geht, zeigte sich, als der Webauftritt der Musikzeitschrift Intro ausgezeichnet wurde. Den gibt es, wie die Gewinner grinsend anmerkten, schon seit 1996. Aber das macht ja nichts. Es wurden ja auch jüngere Angebote gekrönt, etwa die Kids-Hotline, ein Beratungsangebot für Jugendliche. Oder stoerungsmelder.de, ein Watchblog der Wochenzeitung Die Zeit, das sich mit Rechtsradikalismus beschäftigt. Dessen Initiator, MTV-Onkel Markus Kavka, freute sich tierisch. Vor allem über die überreichte Urkunde. Nach der Preisverleihung stand er am Büffet und sagte: „Geile Urkunde! Die erste seit dem Sportfest in der achten Klasse.“