Betr.: kinotaz nord

B

Badland USA 2007, R: Francesco Lucente, D: Jamie Draven, Grace Fulton

„Die Schatten des Krieges: Ein Irakveteran läuft Amok und flieht mit seiner Tochter quer durch die USA. Mit bedrückender Konsequenz erzählt Francesco Lucente vom Scheitern des amerikanischen Traums. Dass man über die bombastische Musik und inszenatorische Längen hinwegsieht, unterstreicht nur, welche Sogwirkung von diesem bewegenden Porträt eines Mannes ausgeht, dessen Leben sich anfühlt, als würde die Welt mit Fäusten auf ihn einschlagen.“ (Cinema) HB

Bank Job Großbritannien 2008, R: Roger Donaldson, D: Jason Statham, Saffron Burrows

„Bank Job“ erzählt die Geschichte eines Haufens kleiner Gauner, die sich in den Tresorraum einer Bank buddeln und damit den Coup ihres Lebens landen wollen. Klingt irgendwie nicht neu? Sieht auch total alt aus, aber auf echt charmante Weise. Der Film des Regie-Haudegens Roger Donaldson spekuliert über die Hintergründe eines realen Kriminalfalls aus dem Jahr 1971, konsequent im Stil eines netten Siebziger-Jahre-Krimis. Die Kleingangster haben keine Ahnung, wem sie alles ins Gehege kommen und wer sie fernsteuert. Es geht also um ruchlose Großschurken, Geheimdienstler und sexuell ein bisschen perverse Politiker, wie es sich für Großbritannien gehört, und, klar, darf eines nicht fehlen: In einem der Schließfächer findet sich moralisch Belastendes über ein Mitglied der königlichen Familie. Das ist dann auch schon der Top-Schock in einem entzückend gemütlichen Thriller.“ (Der Spiegel) H, HB, HH, HL, KI, OL

Der Blaumilchkanal Deutschland/Israel 1969 R: Ephraim Kishon, D: Bomba Zur, Nissim Azikri

“Ein harmloser Geisteskranker reißt mit Hilfe eines gestohlenen Preßlufthammers die meistbefahrene Straße Tel Avivs auf, was einen heftigen Streit rivalisierender Behörden auslöst. Am Ende wird die Katastrophe in ein durchdachtes Werk zum Wohle der Stadt umfunktioniert. Nach der gleichnamigen Novelle vom Autor selbst gedrehte Satire mit vielen Längen; nur streckenweise erheiternd.“ (Lexikon des internationalen Films) HH

Brügge sehen… und sterben? Großbritannien 2008, R: Martin McDonagh, D: Colin Farrell, Brendan Gleeson

„Nach einem Mord mit tragischen Nebenwirkungen schickt Gangsterboss Harry seine beiden Killer Ray und Ken zum Abtauchen nach Brügge. Die irischen Wurzeln von Theaterautor Martin McDonagh sind auch in seinem Filmdebüt sichtbar. Seine Komödie ist eine Liebeserklärung an das irische Naturell, das vor allem Colin Farrell fluchend, flirtend, trinkend und schlagend verkörpert, aber auch an den Schauplatz Brügge. Surreale Szenen reichern die Story an, die im Hitmen-Genre einen amüsanten Ableger zeugt. Ein moralisches Märchen über Mörder, die Charakter zeigen.“ (Blickpunkt:Film) H, HB, HH, HL, KI, OL

C

Caramel Frankreich 2007, R: Nadine Labaki, D: Nadine Labaki, Ismaïl Antar

„Der Film schildert den Alltag von fünf Frauen in einem Beiruter Friseursalon – mit amourösen, familiären, kosmeBank Job tischen und beruflichen Problemen, wie sie auch in Barcelona oder Biarritz an der Tagesordnung sind. Auf den zweiten Blick liefert Filmemacherin Nadine Labaki eine für westliche Beobachter sehr aufschlussreiche Komödie über die Zustände im Libanon, wo die Frauen einen anstrengenden Slalom zwischen Moderne und Religiosität absolvieren müssen. Eine lesbische Schwärmerei, eine heimliche Affäre oder eine vor der Ehe verlorene Unschuld erhalten hier ein ganz anderes Gewicht. Das ist warmherzig, amüsant und melancholisch, dazu famos gespielt.“ (Cinema) H, KI

Cassandras Traum USA/Großbritannien/Frankreich 2007,R: Woody Allen, D: Colin Farrell, Ewan McGregor

„Woody Allen erzählt mal wieder von Verbrechen und anderen Kleinigkeiten. Woody Allen musste diesmal ohne seine Muse Scarlett Johansson auskommen, Ersatz Hayley Atwell als manipulative Angela ist ihr Abbild. Ob es an Scarletts Abwesenheit lag, dass ‚Cassandras Traum‘ so flau ausgefallen ist? Die schlichten Dialoge (‚Hat man eine bestimmte Grenze überschritten, gibt es kein Zurück mehr‘) sind eines Woody Allen nicht würdig, ebenso wenig der metaphorische Titel: Das Boot der Brüder trägt den Namen Cassandra, nach der Unheil kündenden Seherin aus der griechischen Mythologie. Da ahnt der Zuschauer Böses. Der Humorpunkt geht in erster Linie an Colin Farrell, der sich von Szene zu Szene verzweifelter an seine Bierflasche klammert, Ewan McGregor überzeugt als kaltblütiger Blender Ian. Die gnadenlose Klasse von ‚Match Point‘ erreicht ihr Schicksal trotzdem nie.“ (Cinema) HB, HH

Charlie Bartlett USA 2007, R: Jon Poll, D: Anton Yelchin, Robert Downey Jr.

„Der aus reichem Hause stammende Charlie Bartlett trifft nach einem Schulverweis von einer Eliteschule erstmals auf die Hierarchien und Gepflogenheiten einer ganz normalen High School. Nach erheblichen Integrationsversuchen gewinnt er stetig an Sympathie, was an seiner Fähigkeit liegt, auf die Probleme seiner Mitschüler einzugehen - nicht zuletzt aber auch an seinem Zugang zu verschreibungspflichtigen Medikamenten. Der Film folgt den Konventionen der Coming-of-Age Filme der 80er Jahre. Vordergründig eine satirische Komödie, behandelt „Charlie Bartlett“ viele Themen und Problematiken aus dem Alltag gegenwärtiger Teenager.“ (lehrer-online) H, HB, HH, KI, OL

D

Daddy ohne Plan USA 2007, R: Andy Fickman, D: Dwayne „The Rock“ Johnson, Madison Pettis

„Ein niedlicher Knirps wirbelt das Leben des Footballstars Joe durcheinander. Wie Vater und Tochter gegen alle Widerstände zueinanderfinden und wie Joe rechtzeitig zum tränenreichen Happy End erkennt, was im Leben wirklich zählt, folgt einer gängigen Formel für kindgerechte Familienunterhaltung, die schon in zahllosen Disney-Produktionen erprobt wurde. Den Unterschied machen die beiden wunderbar harmonierenden Protagonisten. Wenn sich der Actionfilm-Held Johnson (‚Doom‘), der sein Comedy-Potenzial bereits in „Be Cool“ unter Beweis gestellt hat, mit der temperamentvollen Kinodebütantin Madison Pettis kabbelt oder beim Kinderballett sein Bestes gibt, stimmt die Chemie. So charismatisch wurden uns olle Kamellen schon lang nicht mehr.“ (Cinema) H, HB, HH, HL, KI, OL

Doomsday - Tag der Rache Großbritannien 2008, R: Neil Marshall, D: Rhona Mitra, Bob Hoskins

Neil Marshalls Vorsatz, dem postapokalyptischen Actionfilm einen frischen Anstrich zu verpassen, ist an sich lobenswert. Seine 2038 spielende Story über eine Sondereinheit, die im virusverseuchten Schottland nach einem Gegenmittel sucht und auf Punk-Kannibalen stößt, ist gespickt mit derben Shoot-outs, heftigen Stunts und zuweilen bizarrem Brit-Humor. All dies ist durchaus spaßig anzusehen -- das reißbretthaft runtergespulte Abfeiern bekannter Genremotive dürfte aber nur anspruchslose Nostalgiker restlos vom Hocker reißen.“ (Cinema) HH

Die Drachenjäger Frankreich/Deutschland 2008, R: Guillaume Ivernel, Arthur Qwak

„In der Zukunft ist die Erde kein kein schöner runder Planet mehr, sondern besteht aus unzähligen übersichtlichen Bruchstükken, auf denen es sich die Erdbewohner mehr oder weniger gemütlich eingerichtet haben. Zu allem Überfluss machen ihnen allerdings noch ein paar Drachen das Leben schwer. Das Drachenjäger-Gespann Gwizdo und Lian-Chu machen sich gemeinsam mit Zoe auf, dem Einhalt zu gebieten. Die deutsch-französische Koproduktion zeigt einmal mehr, dass nicht nur die Amerikaner das CGI-Handwerk beherrschen. Und auch wenn die Vorlagen, von ‚Ice Age‘ bis ‚Shrek‘ unübersehbar sind. gelingt es dem Film einen ganz eigenen Charakter zu entwickeln, der nicht zu letzt vom nicht immer Kleinkind-tauglichen, anarchischem Witz profitiert.“ (Blickpunkt:Film) H, HB, HH, HL, OL

Draußen bleiben Deutschland 2007, R: Alexander Riedel

“Dass man sie nicht „drin“ haben will in Deutschland, merkt die 16-jährige Valentina, die mit ihrer Mutter vor dem Kosovo-Krieg flüchtete, immer wieder: Sie lebte lange in einem Münchner Flüchtlingsheim, hangelte sich von Aufenthaltsgenehmigung zu Aufenthaltsgenehmigung. Eine Zukunftsperspektive hat sie nicht, was bei dem Teenager auch Aggressionen freisetzt. Alexander Riedels Dokumentarfilm beobachtet Valentinas Alltag, ohne Kommentar. Er verzichtet auf den Authentizität suggerierenden Wackelkamera-Stil und vermittelt in präzise ausgewählten Bildern ein Gefühl für die beklemmende Lebenswelt am Rande der deutschen Gesellschaft.“ (Rheinischer Merkur) HB

E

Ein einziger Augenblick USA 2007, R: Terry George, D: Joaquin Phoenix, Jennifer Connelly

Ein Moment, und nichts ist, wie es einmal war: für Ethan (Joaquin Phoenix) durch die Trauer über den Verlust seines kleinen Sohnes, der von einem Auto überfahren wird, und für Dwight (Mark Ruffalo) durch die Schuld - denn er saß hinter dem Steuer des Unfallwagens und beging Fahrerflucht. Nun setzt der schmerzerfüllte Vater alles daran, den Verantwortlichen aufzuspüren, und wendet sich ausgerechnet an jene Kanzlei, in der Dwight arbeitet. Terry George inszeniert vor der Kulisse des herbstlichen Neuenglands eine Tragödie klassischen Ausmaßes, die dank ihrer starken Hauptdarsteller eine sehenswerte Studie über Schicksal, Schuld und Verantwortung ist.“ (Rheinischer Merkur) H, HB, HH

Eisenfresser Deutschland 2007, R: Shaheen Dill-Riaz

„Eisenfresser“ nennt man die Saisonarbeiter aus dem armen Norden von Bangladesch, die im Süden, in den Abwrackwerften am Strand von Chittagong, barfuß und mit bloßen Händen Tanker und Containerschiffe zerlegen. Aus der Perspektive des unauffällig am Rand bleibenden Zeugen dokumentiert Regisseur Shaheen Dill-Riaz eine Schufterei, bei der weder Arbeits- noch Umweltschutz auch nur die geringste Rolle spielen. Er sammelt und montiert Bilder und Töne, die in ihrer Gesamtheit die Nahaufnahme eines Brachial-Kapitalismus ergeben, der buchstäblich über Leichen geht.“ (tip) HH

The Eye USA 2007, R: David Moreau, Xavier Palud, D: Jessica Alba, Alessandro Nivola

„Nach der Transplantation einer Netzhaut kann eine Violinistin, die seit ihrem fünften Lebensjahr erblindet ist, zwar wieder sehen, doch weitaus mehr als ihr lieb ist, da sie nun mit der Gabe des zweiten Gesichts ‚gesegnet‘ ist. US-Remake eines gleichnamigen asiatischen Horrorfilms, das trotz enger Anlehnung an die Vorlage nicht deren Dichte erreicht. Der Schrecken läuft sich in der westlichen Fassung bald in wenig originellen Effekten tot und bedient bestenfalls spiritistische Interessen. Dabei offenbaren sich indirekt wesentliche Unterschiede zwischen den beiden Kulturräumen.“ (filmdienst) H, HB, HH, HL, KI, OL

F

Falco – Verdammt, wir leben noch! Österreich 2008, R: Thomas Roth, D: Manuel Rubey, Patricia Aulitzky

„Der Hansi Hölzl war ja schon zu Lebzeiten eine Legende. Der Überflieger. DER Falco. Neben Schnitzel, Sachertorte und Mozartkugel der größte österreichische Exporthit. Dass sich seine Lieder auch ein paar US Bürger auf die (Platten-)Teller geholt haben, lässt noch heute Produzenten mit geschwellter Brust dasitzen. Und das Beste dran: Er ist tot. Eine der Grundvoraussetzungen, um in Wien, man möchte meinen in ganz Österreich, gemocht zu werden. Dramaturgisch ist die Vermischung der öffentlichen Person Falco und der des Hansi Hölzl leider einfach zu konstruiert. Wenn jeder Satz bei Alltagshandlungen wie eine Textzeile aus einem seiner Lieder klingt, stellt sich unweigerlich die Frage, ob sich hier das Leben an den Liedern orientiert und nicht umgekehrt. Diese schnörkellosen Kausalzusammenhänge wirken ungewollt lächerlich.“ (allesfilm.com) H, HB, HH

Freischwimmer Deutschland 2007, R: Andreas Kleinert, D: Frederick Lau, August Diehl

“Rico ist unglücklich in seine Mitschülerin Regine verliebt und wird von dem tumben Sportlehrer Sammer schikaniert. Als Rico sich mit dem Kunstlehrer Wegner anfreundet, finden zwei Unverstandene zusammen, die es den andern endlich mal zeigen wollen. Hervorragende Schauspieler können nicht verhindern, dass der Horror hier eine reine Behauptung bleibt. Ein Genrefilm, der sich über weite Strecken nicht traut, Genre zu sein.“ (tip) H, HB

G

Die Geheimnisse der Spiderwicks USA 2007, R: Mark S. Waters, D: Freddie Highmore, Mary-Louise Parker

„Tempo- und effektreiche Verfilmung einer Jugendbuchreihe über drei Geschwister, die eine Welt magischer Kreaturen wiederbeleben. Gute Effekte, dynamische Actionsequenzen und ein meist kitschfreier Ton sind die Stärken dieses Big-Budget-Abenteuers, das vor der Kamera Kinderstar Freddie Highmore in einer Doppelrolle und dahinter Spitzenkräfte der Branche präsentiert. Wirklich Neues erwartet den Harry-Potter-erfahrenen Fantasyfan zwar nicht, aber der Mix aus Witz und durchaus düsteren Spannungsmomenten garantiert trotzdem attraktives Family-Entertainment.“ (Blickpunkt:Film) H, HB, HH

H

The Happening USA 2008, R: M. Night Shyamalan, D: Mark Wahlberg, Zooey Deschanel

„Wenn der Wind weht, wird es gefährlich im neuen Film von M. Night Shyamalan (“The Sixth Sense“). „The Happening“ beginnt im New Yorker Central Park: Spazierende Menschen verharren ohne erkennbaren Anlass mitten in der Bewegung und verüben dann Selbstmord oder gehen anderen an die Gurgel. Ähnliche Vorfälle werden aus allen Teilen des Landes gemeldet. Was steckt dahinter? Terroristen? Ein biochemischer Angriff? Nein -- Pflanzen! Shyamalan trägt seine Fleurop-Apokalypse mit heiligem Ernst vor, ohne sich der grotesken Banalität seines Öko-Schwurbels scheinbar je bewusst zu sein. Peinlicher Höhepunkt ist eine Szene, in der sich Wahlberg bei einer Topfpalme entschuldigt - die allerdings aus Plastik ist.“ (Cinema) BHV, DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL

Happy-Go-Lucky Großbritannien 2008, R: Mike Leigh, D: Sally Hawkins, Eddie Marsan

Gehen Ihnen nicht auch jene Leute furchtbar auf die Nerven, die ständig gute Laune haben? Diese ewig lächelnden Gutmenschen, die dann meist auch noch missionarisch jeden dazu bekehren wollen, alles positiv zu sehen? Genau solch ein Mensch ist Poppy, eine 30jährige Londoner Vorschullehrerin, deren Optimismus schon fast monströse Züge annimmt. In Leighs‘„Naked“ von 1992 stand ein durch und durch zynischer Misanthrop im Mittelpunkt, und „Happy-Go-Lucky“ wirkt nun wie der absolute Gegenentwurf dazu. Mit der gleichen Radikalität wird hier wieder die Welt ganz aus der Perspektive der Protagonistin gesehen, und vielleicht ist es eine der größten Leistungen von Leigh, dass ihm das auch hier gelingt. Denn diese etwa laute, immer in schreienden Farben gekleidete Frau, die zuerst wie ein emotionales Stehaufmännchen wirkt, bekommt im Laufe des Films eine ganz erstaunliche Tiefe. (hip)

H

Horton hört ein Hu! USA 2008, R: Steve Martino, Jimmy Hayward

„Elefant Horton, der im Dschungel lebt, gilt als gutmütig und zuverlässig. Eines Tages hört er Stimmen aus einem Staubkorn – die Gemeinschaft der winzigen Hus bittet ihn um die Errettung ihrer bedrohten Hu-Heimat. Als Horton die Winzlinge zu seinen Schutzbefohlenen erklärt, wird er von den restlichen Dschungelbewohnern für übergeschnappt erklärt und bald sogar als Bedrohung empfunden. Die Animationskünstler von ‚Ice Age‘ haben für ihren neuesten Zauberstreich wieder in die digitale Trickkiste gegriffen und die Adaption der erfolgreichen Kinderbuchvorlage von Dr. Seuss (‚Der Grinch‘) zu einer quirlig farbenfrohen Toleranzbotschaft gepixelt.“ (Rheinischer Merkur) H, HB, HH, HL, KI, OL

I

Ich. Immendorff Deutschland 2007, R: Nicola Graef

„‚Ich. Immendorff‘ dokumentiert die letzten zwei Jahre im Leben des 1945 geborenen und wohl berühmtesten zeitgenössischen deutschen Malers, Jörg Immendorff, bis zu seinem Tod am 28. Mai 2007. Zunehmend gezeichnet von der Nervenkrankheit ALS, gewährte der Meister der Filmemacherin Nicola Graef viele lange und intime Gespräche in seinem Düsseldorfer Atelier. Außerdem kommen seine Mutter, die Ehefrau, sein Arzt, alte Weggefährten wie Markus Lüpertz und neue Bewunderer wie der leicht überdreht-enthusiastische Jonathan Meese zu Wort. Nur Prostituierte und Drogen, deren er sich auch bisweilen bediente, kommen in dem unverhohlen bewundernden, aber durchaus aufschlussreichen Porträt des sensiblen Egomanen nicht vor, der es vom Protestkünstler zum Hofmaler von Kanzlers Gnaden brachte.“ (Der Spiegel) H, HH

Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels USA 2008, R: Steven Spielberg, D: Harrison Ford, Cate Blanchett

„Im neuen Indiana-Jones-Spektaktel, das im Jahr 1957 spielt, muss sich der Held mit bösen Sowjetrussen herumschlagen, angeführt von der schönen Irina Spalko (Cate Blanchett). Doch bald muss sich Jones einer größeren Macht stellen: Außerirdischen. Die Geschichte führt Jones und den jungen Mutt (Shia LaBeouf), von dem sich bald herausstellt, dass er Indys Sohn ist, nach Südamerika. Auf der Suche nach einem geheimnisvollen Kristallschädel, offenbar der Kopf eines Aliens, überstehen sie zahllose Verfolgungsjagden durch Dschungel und staubige Tempelruinen. Die Spezialeffekte, vor allem in den letzten 30 Minuten, erinnern dabei verdächtig an Bilder aus Spielbergs Science-Fiction-Filmen ‚Unheimliche Begegnung der dritten Art‘ und ‚E. T. – Der Außerirdische‘. Im Alter von 61 Jahren scheint Spielberg offenbar einige seiner größten kommerziellen Erfolge kombinieren zu wollen – mit durchwachsenem Ergebnis.“ (Der Spiegel) BHV, DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL

Die Insel der Abenteuer USA 2008, R: Jennifer Flackett, Mark Levin, D: Jodie Foster, Abigail Breslin

Ein kleines Mädchen, das alleine auf einer Insel gefährliche Abenteuer besteht und eine Erwachsene, die sich so hilflos gebärdet wie ein Kind. Solche Geschichten lieben Kinder, und man merkt es diesem Film in jeder Einstellung an, dass sich sowohl die Autorin der Vorlage wie auch die Filmemacher genau überlegt haben, wie sie ihr Zielpublikum am geschicktesten verführen können. Die kleine Nim lebt in einer paradiesischen Abenteuerwelt, und die kleinen Zuschauer müssen nie wirklich Angst haben, dass ihr oder ihrem Vater tatsächlich etwas Schlimmes passiert. Stattdessen werden Erwachsene von einem Kind in die Flucht geschlagen oder müssen etwas Ekliges essen, und sogar die Fürze eines digitalen Seehundes werden als taktische Waffe eingesetzt. Jodie Foster hat wohl noch nie so übertrieben agiert, aber bei der Slapstickrolle einer hilflosen Stadtneurotikerin ist genau dies auch angemessen. (hip) BHV, DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL

Iron Man USA 2008, R: Jon Favreau, D: Robert Downey Jr., Gwyneth Paltrow

„‚Iron Man‘ ist ein vorrangig in den USA berühmter Comic-Superheld aus dem Marvel-Universum, der seine gold- und rotglänzende Rüstung nun auch im Kino anlegt. Der Waffenfabrikant Tony Stark, genialer Erfinder und eitler Playboy, gerät im afghanischen Krisengebiet in Gefangenschaft, kommt beinahe ums Leben – und kann sich nur mit Hilfe eines metallenen Anzugs aus der Höhle der Terroristen befreien. Entsetzt über die gewaltige Wirkung seiner Waffen in freier Wildbahn beschließt Stark, fortan als Gerechtigkeitshüter im maßgeschneiderten Hightech-Gewand zu wirken. Regisseur Jon Favreau (‚Buddy – der Weihnachtself‘) steuert das Action-Spektakel humorvoll durch diverse Drehbuchschwächen. Ohne die Lebendigkeit und herrliche Selbstironie des aus der Drogenhölle entkommenen Hauptdarstellers Robert Downey Jr. wäre der Kino-Eisenmann allerdings ein klarer Fall für den Schrottplatz.“ (Der Spiegel) H, HB, HH, KI, OL

J

Julia Frankreich 2007, R: Erick Zonca, D: Tilda Swinton, Saul Rubinek

„Auf viel zu hohen Absätzen stöckelt sie über den Kies, schwankt verkatert durch das gleißende Licht der Morgensonne. Tilda Swinton verleiht diesem verlebten Partygirl die Züge einer abstoßenden, reptilienhaften Kreatur, die sich mit animalischen Instinkten ans Leben klammert. Wie ein ungebändigtes Tier wirkt auch der Film, der scheinbar unkontrolliert alle Genregrenzen durchbricht, sich vom Trinkerdrama zum Roadmovie entwickelt und schließlich zum Gangsterthriller wird. Als Julia ihren Job verliert, kommt sie auf die irrwitzige Idee, einen neunjährigen Jungen zu entführen und seinen reichen Großvater zu erpressen. Wenn sie auf der Flucht einen Mann überfährt, das Kind in einem Motel an die Heizung fesselt und es mit vorgehaltener Waffe zum Schlafen zwingt, dann erreicht die Inszenierung eine fiebrige Intensität, die kaum zu ertragen ist.“ (Cinema) H, HB, HH, OL

Jump! Großbritannien/Österreich 2007, R: Joshua Sinclair, D: Ben Silverstone, Patrick Swayze

„Die spannendsten Geschichten schreibt das Leben selbst. Wie die des Fotografen Philippe Halsman (1906 - 1979). Bevor der jüdische Künstler 1959 mit seinen Fotos für das New Yorker Life-Magazin, auf denen er Promis wie Marilyn Monroe, Richard Nixon oder Salvador Dali Luftsprünge machen lässt, für Furore sorgt, gerät er 1928 in Österreich unter Mordverdacht: Sein Vater ist unter nie geklärten Umständen auf einer gemeinsamen Bergwanderung tödlich verunglückt, Philippe wird verurteilt. Albert Einstein, Thomas Mann und Sigmund Freud setzen sich für ihn ein, und trotz des zunehmend antisemitischen Klimas wird Halsman tatsächlich begnadigt, geht in die USA und avanciert zum Meisterfotografen. Regisseur Joshua Sinclair macht aus dieser Biografie ein mäßiges Fernsehspiel. Patrick Swayze müht sich redlich als jüdischer Anwalt Pressburger, kann sich aber in dieser österreichisch-britischen Co-Produktion ebenso wenig wie Heinz Hoenig, der Halsmans Vater spielt ,mgegen die fahrige Regie, die dümpelnde Dramaturgie und die holzschnittartige Figurenzeichnung durchsetzen.“ (Cinema) BHV, H, HB, HH

K

Keinohrhasen Deutschland 2007, R: Til Schweiger, D: Til Schweiger, Nora Tschirner

„Mit einer Mischung aus Selbstironie und Selbstgefälligkeit spielt Schweiger einen aasigen Weiberhelden, den Berliner Boulevardreporter Ludo, der gemeinsam mit dem Fotografen Moritz die Hauptstadtprominenz belästigt. Ludo platzt unangemeldet in die Verlobungsfeier von Boxer Wladimir Klitschko (recht überzeugend dargestellt von Klitschko persönlich) mit der Schauspielerin Yvonne Catterfeld und demoliert aus Versehen die festlich gedeckte Tafel. Derart muffige Rollenmuster haben die meisten modernen Hollywood-Filme seit Jahren überwunden. Kürzer, knapper müsse das Ganze rüberkommen, erkennt sie bald – ein Ratschlag, den der Filmemacher Schweiger leider missachtet hat. Stattdessen dehnt er selbst die gelungenen Gags derart schamlos, bis auch der letzte Lacher auf der Strecke bleibt.“ (Der Spiegel) H, HB, HH, HL, KI

Kinski – Jesus Christus Erlöser Deutschland 2008, R: Peter Geyer, D: Klaus Kinski

„Dokumentation über die legendäre ‚Jesus Christus Erlöser‘-Rezitation von Klaus Kinski im November 1970 in Berlin, die durch Zwischenrufe des Publikums zum Debakel wurde. Der klug montierte Film gibt die spannungsgeladene Dramaturgie des Abends nahezu chronologisch wieder. Ein aufregendes und zugleich amüsantes Zeitdokument über das debattiersüchtige Berliner Milieu der frühen 1970er-Jahre, in dem Ernsthaftigkeit und Verbohrtheit oft nahe beieinander lagen.“ (filmdienst) HB, HH, HL

Kirschblüten – Hanami Deutschland 2008, R: Doris Dörrie, D: Elmar Wepper, Hannelore Elsner

„‚Kirschblüten – Hanami‘ ist ein tieftrauriger und zugleich sehr beglückender Film über den Tod. Ein Verwaltungsbeamter, dessen Frau Trudi überraschend verstorben ist, bricht aus seiner bayerischen Heimat nach Japan auf – in ein Land, von dem Trudi zeitlebens geträumt hat. Neugierig und mit wieder erwachenden Sinnen erkundet er die fremde Kultur und erfährt dabei, wie stark die Liebe zu seiner Frau wirklich war. In ihrem bislang stärksten Film erzählt Doris Dörrie feinfühlig, lakonisch und bewegend von Verlust, Trauer und der Lebenslust im Angesicht des Todes.“ (Der Spiegel) H, HH, HL

L

Der letzte Trapper Frankreich/Kanada/Deutschland/Italien/Schweiz 2004, R: Nicolas Vanier

„In den Weiten der kanadischen Rocky Mountains arrangiert sich ein alter Trapper mit dem täglichen Überlebenskampf in einer schönen, aber menschenfeindlichen Natur. Dank der Schlittenhunde und seiner verständnisvollen Frau meistert er die langen Winter. Bildgewaltiger Naturfilm mit dramaturgischen Einschüben bekannter Abenteuerklischees, der nicht zuletzt aufgrund der platten Weisheiten des Protagonisten über seine Rolle im Kreislauf der Natur eher fragwürdig erscheint.“ (Lexion des internationalen Films) HB

Lost in Translation USA/Japan 2003, R: Sofia Coppola, D: Scarlett Johansson, Bill Murray / Originalfassung mit Untertiteln

“,Sleepless in Tokyo‘ müsste der zweite Film von Sofia Coppola eigentlich heißen. Aber das Nachtleben, in das sich die beiden Jetlag-geplagten und krisengeschüttelten Amerikaner gezwungenermaßen stürzen - sie mit eben abgeschlossenem Philosophiestudium, frisch verheiratet, er Ende fünfzig, Schauspieler, ehemüde -, ist nicht weniger verwirrend als der helllichte Tag. In wunderbar leichtem Ton wird hier eine Zufallsbekanntschaft an der Hotelbar mit Übersetzungsproblemen in der Fremde verbunden, wird das ,umständliche‘ japanische Gerede vor dem Hintergrund einer anderen Kultur mit ihrer exaltierten Werbe- und Freizeitindustrie verständlich.“ (Neue Zürcher Zeitung) HH

Love Vegas USA 2008, R: Tom Vaughan, D: Cameron Diaz, Ashton Kutcher

„Eine der wohl infantilsten Hollywood-Liebeskomödien der letzten Jahre. Sie nimmt ihren Anfang in Las Vegas, Amerikas Hauptstadt des kindischen Vergnügens, wo eine beziehungsgestörte New Yorkerin auf einen Hänger trifft, der partout nicht erwachsen werden will. Es kommt, wie es kommen muss: Man feiert, besäuft sich, heiratet und wacht mit Kater sowie ungewolltem Ehering auf. Was im Rausch zusammengefügt wurde und schnellstmöglich wieder geschieden werden soll, muss im Alltag jedoch per Gerichtsbeschluss eine Bewährungsprobe bestehen, denn auf dem Spiel steht ein beträchtlicher Jackpot. Der Film von Tom Vaughan ist albern, einfallslos und am Ende mit seiner Gutmenschmoral schlicht unerträglich.“ (Neue Zürcher Zeitung) DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL

Luise - Eine deutsche Muslima Bremen 2007, R: Beatrix Schwehm

In der 52 Minuten langen Dokumentation lernt man eine Familie kennen, in der die in unserer Gesellschaft aktuellen Spannungen zwischen verschiedenen Kulturen und Lebensentwürfen am Küchentisch ausgetragen werden. Luise, die Tochter der Bremer Eventmanagerin Rita F., hat mit 19 Jahren den algerischen Informatikstudenten Mohamed B. geheiratet und im Laufe der Zeit dessen islamischen Glauben in einer ziemlich strengen Ausprägung angenommen. Die 25-Jährige trägt inzwischen nicht nur ein Kopftuch, sondern auch den dunkelblauen Hijaab, der ihren ganzen Körper verhüllt. Mit ihrem Mann und einem kleinen Kind lebt sie zusammen mit ihrer emanzipierten Mutter und deren Lebenspartner, dem stadtbekannten Theatermacher Mateng P. Die Familienverhältnisse wirken wie eine Versuchsanordnung, bei der das Persönliche und das Politische verschmolzen scheinen. (hip) HB

M

Marie Antoinette USA 2006, R: Sofia Coppola, D: Kirsten Dunst, Jason Schwartzman / Orignalfassung mit Untertiteln

“Porträt der französischen Königin Marie Antoinette von ihrer Verlobung mit dem Dauphin und späteren König Ludwig XVI. bis hin zur Flucht des Paares aus Paris während der französischen Revolution. Regisseurin Sophia Coppola blendet soziale und politische Zusammenhänge aus und lässt sich ganz auf die subjektive Sicht ihrer Hauptfigur ein, die sich mit Kauforgien, Partys und einer schalen Affäre aus der Langeweile und der strengen Etikette flüchtet. Ohne selbst in Oberflächlichkeiten zu erstarren, werden dabei konsequent die Grenzen der dekadenten höfischen Welt reflektiert.“ (filmdienst) HH

Mein Bruder ist ein Einzelkind Italien/Frankreich 2007, R: Daniele Luchetti, D:Elio Germano, Riccardo Scamarcio

„Accio ist ein Scheusal, so wird er genannt, und so sieht er sich selbst. Opposition ist bei ihm zur Lebenshaltung geworden. Wenn sein älterer Bruder Manrico zum Arbeiterführer wird, schließt er sich den Faschisten an. Aber obwohl der Bruderstreit auf der politischen Bühne ausgefochten wird, dreht sich letztlich doch alles um Francesca. Für diese dramatisch-komische Hassliebesgeschichte greift Regisseur und Autor Daniele Luchetti lustvoll zum Klischee-Tausch: Der introvertierte Intellektuelle läuft den Faschisten nach, der einfach gestrickte Frauenheld wird zum radikalen Linken. Trotz guten Darstellern und einem soliden Drehbuch dürfte es der Film außerhalb Italiens nicht leicht haben, denn er setzt eine ganze Menge an Vorwissen zur politischen Landkarte Italiens in den sechziger und siebziger Jahren voraus. Eine mit praller Italianità garnierte Geschichtslektion – für Heimweh-Italiener?“ (Neue Zürcher Zeitung) HH, HL

Micropolis Frankreich/Kanada 2006 , R: Philippe Calderon

„Naturfilm über Leben und Organisation in einem Termitenstaat, der das wenig filmgerechte „Image“ der Insekten durch eine epische Geschichte aufwertet, die vom Kampf der friedliebenden Termiten gegen eine Armee fleischfressender Treiber-Ameisen handelt. Während er in der ersten Hälfte faszinierende Mikroaufnahmen bietet und zudem viel Wissenswertes vermittelt, gehorcht er zum Ende hin immer stärker einer genre-immanenten Spannungsdramaturgie mit Off-Kommentar, dramaturgischen Eingriffen und sphärenhafter Filmmusik.“ (Lexikon des interationalen Films) HB

N

Nie wieder Sex mit der Ex USA 2008, R: Nicholas Stoller, D: Jason Segel, Kristen Bell

„Sympathischer Loser wird trifft beim Urlaub in Hawaii ausgerechnet auf seine erfolgreiche Freundin, die ihn eben verlassen hat, und ihren glamourösem neuen Rockstar-Liebhaber. Stilsicher inszenierte Komödie über die Komplikationen im Liebesleben uncooler moderner Männer.“ (tip) BHV, DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL

P

Paranoid Park USA/Frankreich 2007, R: Gus Van Sant, D: Gabe Nevins, Taylor Momsen

„Ein 16-Jähriger aus Portland, der nur beim Skateboard-Fahren seine Erfüllung findet, lässt sich von der Idee begeistern, auf Frachtzüge aufzuspringen, wobei er den Tod eines Wachmanns verschuldet. Ohne mit jemandem darüber zu sprechen, will er sein bisheriges Leben weiterführen. Eine irritierende Studie der Langeweile, Desorientierung und der erschreckenden Abwesenheit von Emphatie und Moralität. Beiläufig-souverän inszeniert und kongenial fotografiert, erschwert die diskontinuierliche Erzählstruktur des Jugenddramas die assoziativen Zugänge zum Verstehen des Protagonisten.“ (filmdienst) H

Penelope Großbritannien/USA 2006, R: Mark Palansky, D: Christina Ricci, Reese Witherspoon

„Christina Ricci kämpft als Aristokratentochter gegen einen mysteriösen Familienfluch. Die farbenfrohe und verspielte Inszenierung des modernen Märchens verrät Hingabe. Der Zuschauer träumt sich mit Penelope durch eine fantastische Welt voller Zuckerwatte und Seifenblasen und wird dabei stets auf ein samtenes Wohlfühlkissen gebettet. Die offensichtliche Kritik am Schönheitswahn kommt nicht als Moralkeule daher, sondern als kitzelnder Zeigefinger, der uns Schmunzeln lässt.“ (Cinema) HB, HH, HL, KI

Prom Night USA 2008, R: Nelson McCormick, D: Brittany Snow, Scott Porter

„Formelhafter Teenhorrorthriller, der mit dem Slasherfilm von 1980 zwar den Titel teilt, jedoch nicht als offizielles Remake zu verstehen ist. Entsprechend dem PG-13-Rating blendet Regisseur J. S. Cardone allzu brutale Details aus. Überraschungen mag es nicht geben, Platz Eins der US-Kinocharts erreichte ‚Prom Night‘ dennoch.“ (Blickpunkt:Film) DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL

R

Rampenlicht (Limelight) USA 1952, R: Charles Chaplin, D: Charles Chaplin, Claire Bloom / Originalfassung ohne Untertitel

“London 1913. Ein alternder, trunksüchtiger Music-Hall-Clown rettet eine depressive junge Tänzerin vor dem Selbstmord. Während sein eigener Ruhm verblaßt, gibt er ihr das Selbstvertrauen für eine große Karriere und verschließt sich vor ihrer dankbaren Liebe. Das Resümee eines Künstlerlebens im Angesicht von Alter und Tod: rührend, versponnen, resignativ und stellenweise theatralisch. Das subtile, sehr persönliche Melodram gehört nicht zu Chaplins Meisterwerken, verrät aber viel von seinem künstlerischen Ethos und seiner Lebensphilosophie.“ (Lexikon des internationalen Films) HH

Rocco und seine Brüder Italien 1960, R: Luchino Visconti, D: Alain Delon, Renato Salvatori

„Der Faustkampf als möglicher Weg aus der der sozialen Misere - was klingt wie eine typische Geschichte aus einem amerikanischen Ghetto, führt uns in Luchino Viscontis „Rocco und seine Brüder“ doch geradewegs in das Italien der frühen Sechziger. Fünf Brüder verlassen ihre ländliche Heimat im Süden und siedeln sich im industrialisierten Milano an - in epischer Breite schildert Visconti, wie sie mit der neuen Situation zurechtkommen (oder eben nicht) und zeigt, wie die anfangs scheinbar unauflösbaren Familienbande langsam zerbrechen. Viscontis Realismus ist bitter und deprimierend und doch endet der Film mit einem eingeschränkt versöhnlichen Ausblick: Der Jüngste will eines Tages in die Heimat zurückkehren - falls sich die Lebensbedingungen dort einmal ändern sollten.“(taz) HH

Rückkehr in die Normandie Frankreich 2007, R: Nicolas Philibert / Originalfassung mit Untertiteln

„Nicolas Philibert kehrt auf den Spuren eines Films von René Allio in die Normandie zurück: „Moi, Pierre Rivière...“. Dieser besetzte damals die meisten Rollen mit Laienschauspielern aus der Region. Jetzt besucht Nicolas Philibert die Menschen, die für eine kurze Zeit in ihrem Leben Schauspieler waren. 30 Jahre sind seither vergangen.“ (tagblatt) H

S

Sehnsucht - Senso Italien 1954, R: Luchino Visconti, D: Alida Valli, Farley Granger / Originalfassung mit Untertiteln

„Während des italienischen Befreiungskriegs verrät eine italienische Gräfin aus Liebe zu einem österreichischen Offizier ihre nationale Überzeugung und geht an diesem Konflikt zugrunde. Viscontis erster Farbfilm hier in rekonstruierter Fassung ist großes Historiengemälde, filmische Oper und intensives Melodram. In Farbdramaturgie, Musik und Kameraführung ebenso wie in seiner psychologischen Charakterisierungskunst und Beschreibung einer amour fou gelingt ihm eine bruchlose Verbindung von individuellem Schicksal und historisch-politischem Hintergrund.“ (Lexikon des internationalen Films) HH

Sex and the City – The Movie USA 2008, R: Michael Patrick King, D: Sarah Jessica Parker, Kim Cattrall

„Wo sind die Dildos und Bonmots, die zynischen Sprüche, männermordenden Kommentare, politisch unkorrekten Seitenhiebe, die tabulosen, rasant-sinnlich gefilmten Sexszenen? Überhaupt: Wo ist New York? Dieser Film könnte überall spielen, die Stadt der Städte, in der Serie stets die Fünfte im Bunde, hat nur eine Nebenrolle abbekommen. Natürlich geht es auch im Film um Labels und Liebe, alles ist sogar noch eine Nummer größer als im TV, ein Festival der Nobelmarken, Traumschuhe, Traumkleider, Traumtaschen. Doch Sarah Jessica Parker, Kristin Davies, Kim Cattrall und Cynthia Nixon sind keine Singles mehr, sondern gefangen in ihren Beziehungen, ziehen nicht mehr durch die Bars und Clubs, sondern kreiseln nur noch um sich selbst. Und das ist eben selten witzig.“ (Der Tagesspiegel) BHV, DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL

Silencio antes de Bach - Die Stille vor Bach Spanien 2007, R: Pere Portabella / Originalfassung ohne Untertitel

„Bach ging nach Leipzig, um dort in bescheidener Stellung als Kantor zu arbeiten. Mit seiner Kreativität musste er den Lebensunterhalt seiner Familie sichern, bevor sein wachsender Ruhm aus ihm die bis heute gültige Ikone machte. Was ist diese Musik? Wie filmt man sie? Portabella sagt, er könne seinen Film nicht erklären. Denn Die Stille vor Bach ist keine Erzählung, der Film entfaltet seine Dynamik unmittelbar aus der Musik heraus, er nähert sich dem musikalischen Phänomen, der Bachschen Musik und den mit ihr verbundenen Tätigkeiten in einer sprunghaften Montage, die immer neue Bild-Ton-Beziehungen erfindet.“ (3001-kino) HB, HH

Sommer Deutschland 2008, R: Mike Marzuk, D: Jimi Blue Ochsenknecht, Jannis Niewöhner

„Tim ist der neu zugezogene Außenseiter auf einer kleinen Nordseeinsel. Ein beengtes Umfeld, in dem sich Tim mit der schnöseligen Surfer-Gang anlegt und sich in die Freundin von deren Anführer verliebt. Weitgehend überraschungsarme Teenie-Liebesgeschichte als Vehikel für den Nachwuchsschauspieler Ochsenknecht (“Die Wilden Kerle“).“ (tip) H, HB, HH, HL, KI, OL

T

Tanz mit der Zeit Deutschland 2007, R: Trevor Peters

„Vier ehemalige Tänzerinnen und Tänzer der Leipziger Oper, 64 bis 80 Jahre alt, kehren noch einmal auf die Bühne zurück. Der Dokumentarist Trevor Peters begleitet das Projekt der Choreografin Heike Hennig und lässt durch dazwischengeschnittene Interviews mit den Protagonisten sowie mit Archivaufnahmen vier außergewöhnliche Lebensgeschichten Revue passieren. Formal eher konventionell, berührt der Film doch durch seine lebensfrohe Reflexion über das Alter.“ (filmdienst) HH

U

Über Wasser Österreich/Luxemburg 2007, R: Udo Maurer

„Über Wasser“ versuchen sich die Bauern in Bangladesch zu halten, wenn ihre Felder in der Regenzeit überschwemmt werden; im Staub liegen die Boote der Fischer am Aralsee, der inzwischen auf ein Viertel seiner einstigen Größe geschrumpft ist. In seinem Dokumentarfilm zeigt der österreichische Regisseur Udo Maurer, was passiert, wenn Wasser im Überfluss vorhanden ist oder es extrem daran mangelt. Mal transportieren die Menschen auf Booten Wellblechdächer durch die Fluten, dann feilschen sie an Wasserstellen um jeden Tropfen - präzise und packend beschreibt Maurer den Kampf mit einem Element, das so lebenswichtig wie lebensbedrohlich ist.“ (Der Spiegel) HH

Unsere Erde – Der Film Großbritannien/Deutschland 2007, R: Alastair Fothergill, Mark Linfield

„‚Unsere Erde‘ ist die wohl aufwendigste Naturdokumentation aller Zeiten, eine epische Expedition zu den letzten Paradiesen des Planeten. BBC-Regisseur Alastair Fothergill (‚Deep Blue‘) zeigt kleine und große Eisbären, Löwen auf Elefantenjagd, Paradiesvögel im Liebesrausch, wasserscheue Paviane und todesmutige Entenküken beim Jungfernflug – aber keine Menschen. Nur die Stimme von Ulrich Tukur gibt dem Zuschauer ein paar Fakten an die Hand, aber in der Regel sprechen die spektakulären Bilder für sich: Zoologie als wahres Kinowunder.“ (Der Spiegel) H, HB, HH, HL, KI, OL

Urmel voll in Fahrt Deutschland 2007/08, R: Reinhard Klooss, Holger Tappe

„Zu seinem Geburtstag bekommt der Dino Urmel ein Panda-Mädchen als ‚Schwesterchen‘ geschenkt, mit dem er sich zunächst gar nicht versteht. Doch dann verschlägt es die beiden auf eine Insel, wo sie es mit den verschlagenen Betreibern eines Vergnügungsparks zu tun bekommen. Als ihr Verschwinden bemerkt wird, setzen ihre Freunde einen Suchtruppe in Bewegung. Temporeiche, kindgerechte Zeichentrick-Geschichte, die in anrührenden Szenen vom Wert wahrer Freundschaft erzählt und sich gleichzeitig bemüht, die Hauptfigur des Kinderbuchautors Max Kruse einem Modernisierungsprozess zu unterziehen.“ (filmdienst) BHV, DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL

V

Verliebt in die Braut USA 2008, R: Paul Weiland, D: Patrick Dempsey, Michelle Monaghan

„Der erfolgreiche Frauenschwarm Tom verliebt sich just in jenem Moment ernsthaft in seine beste Freundin Hannah, als jene im Begriff steht, sich anderweitig zu verheiraten. Vor dem unweigerlich eintretenden Happy-End muss Tom als ‚Brautjungfer‘ nun erst einmal seine Machoallüren ablegen und seine einfühlsame ‚weibliche Seite‘ entdecken. Regisseur Paul Weiland hat diese Story einer Läuterung als romantische Komödie mit gelegentlichen Slapstikkeinlagen inszeniert, die in ihrer geballt freundlichen Harmlosigkeit wohl niemandem weh tun wird.“ (tip) H, HB, HH, HL, KI

The Virgin Suicides - Verlorene Jugend USA 1999, R: Sofia Coppola, D: James Wood, Kathleen Turner / Originalfassung ohne Untertitel

“Unter dem strengen Reglement des Elternhauses zerbrechen vier Schwestern, die nach dem Selbstmord der Jüngsten in einer Nacht gemeinsam den Tod suchen. Eine ebenso eindrucksvolle wie irritierende Studie, die die im Prinzip düstere Geschichte in frohe Farben taucht und die 70er Jahre nicht als Ära des Liberalismus feiert, sondern sie als Hort kleinbürgerlichen Denkens darstellt.“ (filmdienst) HH

W

Der Weiße mit dem Schwarzbrot Deutschland 2007, R: Jonas Grosch

„Der Weiße mit dem Schwarzbrot“ wird der Schauspieler und frühere RAF-Terrorist Christof Wackernagel in seiner heutigen Wahlheimat Mali genannt, wo er den Einheimischen unter anderem deutsche Backkunst nahezubringen versuchte. Jonas Groschs kurzweilige Dokumentation porträtiert Wackernagel als sympathisch versponnenen und zugleich abgeklärten Weltverbesserer. Voller Begeisterung, aber auch mit viel Selbstironie erzählt er von seinen Projekten, lässt den Zuschauer an den Nervenproben im afrikanischen Alltag teilhaben, geht klarsichtig mit seiner terroristischen Vergangenheit ins Gericht - und zeigt sich mit wilden, raumgreifenden Gesten als Mann, der kaum weiß, wohin mit seinem Tatendrang.“ (Der Spiegel) HB, HH

Die Welle Deutschland 2008, R: Dennis Gansel, D: Jürgen Vogel, Frederick Lau

„Rainer Wenger ist Lehrer an einem deutschen Gymnasium. Er soll in einer Projektwoche das Thema Autokratie durchnehmen. Die Klasse bezweifelt, dass eine Diktatur wie in Nazideutschland heute noch möglich wäre. Der Lehrer beginnt spontan ein Experiment. Die Schüler müssen ihn fortan mit Herr Wenger ansprechen, bei jeder Wortmeldung aufstehen, gerade sitzen. Die Klasse macht mit und nimmt die Regeln der nächsten Tage mit wachsender Begeisterung auf: eine Uniform, ein Logo, ein gemeinsamer Gruß. Dennis Gansel verfilmt zum ersten Mal für das Kino ein schulisches Experiment, das der Geschichtslehrer Ron Jones 1967 an einer kalifornischen Highschool durchführte.“ (cinefacts) H, HB, HH, HL, KI

Y

You Kill Me USA 2007, R: John Dahl, D: Ben Kingsley, Téa Leoni

„Bittersüß, einfallsreich und mit viel Witz belebt John Dahl das oft bemühte Konzept vom Verbrecher mit Problemen. Frank (Ben Kingsley) war mal Chef-Ausputzer der polnischen Gangster im ländlichen Buffalo, heute ist er versoffen und verbockt seine Aufträge. Also schickt man ihn nach San Francisco zu den Anonymen Alkoholikern. Dort lernt er Laurel (Téa Leoni) kennen, der Franks Arbeit egal ist, solange er nur nicht schwul ist oder verheiratet oder irgendein Scheißkerl. Kingsley und Leoni spielen ihr ungleiches Paar mit mitreißendem Vergnügen.“ (tip) H, HH