Die Chaos-Uni

An der katholischen Universität Eichstätt demonstriert die Kirche ihre Macht. Der Bischof feuert den Uni-Kanzler

EICHSTÄTT taz ■ Das Chaos an der katholischen Uni Eichstätt ist perfekt: Völlig überraschend beurlaubte die Kirche den Uni-Kanzler, Freiherr Gottfried von der Heydte. Bereits im Mai war der gewählte Uni-Präsident Ulrich Hemel vom Bischof abgesägt worden. In einem der taz vorliegenden Schreiben weist der Bischofsvikar die Mitarbeiter an, den Kontakt zum Kanzler einzustellen. Andernfalls drohten „ernsthafte Konsequenzen“. Als Interimsführung installierte der Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke den Wissenschaftsmanager Rudolf Fisch sowie den Historiker Gert Melville.

Damit ist die einzige katholische Universität Deutschlands derart kopflos, dass sich die bayerischen Uni-Rektoren zu einer eindringlichen Warnung genötigt sehen. Man beobachte die Entwicklungen an der Uni Eichstätt „mit brennender Sorge“, erklärte ihr Vorsitzender Alfred Zimmer. Es gehe in Eichstätt „nicht mehr nur um eine strittige Personalentscheidung, sondern um den Kern des Verhältnisses zwischen den Universitäten und ihren Trägern“.

Unklar ist, wie es zu der neuerlichen Eskalation gekommen ist. Der Bischof erklärt, es gebe „konkrete Anhaltspunkte für eine nicht durchgängig sach- und fachgerechte Amts-, Haushalts- und Wirtschaftsführung“. Kaum einer der Professoren mag allerdings an strafrechtliche Verfehlungen des streitbaren, aber stets um die Uni bemühten Kanzlers glauben. Spekuliert wird, dass die neuerliche absolutistische Entscheidung eine Reaktion auf eine Protestnote des Senats war. Darin forderten die Professoren von der Kirche „uneingeschränkte Autonomie“. Zudem soll der weltlich orientierte Kanzler nicht in die – von Papst Benedikt ausgegebene – Vision einer katholisch-katechistischen Elite-Uni mit europaweiter Strahlkraft passen – genauso wenig wie der geschasste Präsident.

Fest steht allerdings, dass die verunsicherten Studierenden nicht mit der Fürsorge des bayerischen Wissenschaftsministers Thomas Goppel rechnen können. „Das staatliche Hochschulgesetz gilt nicht unmittelbar in Eichstätt“, erklärte Goppels Sprecherin Angelika Kaus. Immerhin versucht die Kirche, ihr selbst verursachtes Chaos zu lindern: Wer Hilfe benötige, möge sich an die Diplompsychologin Okhuysen wenden, schreibt der Bischofsvikar in seiner Dienstanweisung. „Bitte geben Sie bei Ihrem Anruf das Stichwort ‚Universität‘ an, um direkt verbunden zu werden.“ MAX HÄGLER