Volksentscheide bald verbindlich

Im jahrelangen Streit über Volksentscheide in Hamburg bahnt sich ein Durchbruch an: Ein Vorschlag von CDU und GAL stößt offenbar auch bei Opposition und Initiativen auf Zustimmung

VON GERNOT KNÖDLER

Die Einführung verbindlicher Volksentscheide rückt näher. Die Koalitionspartner CDU und Grüne (GAL) haben sich mit der Initiative für verbindliche Volksentscheide im Grundsatz geeinigt. Jetzt soll eine Redaktionsgruppe aus Vertretern der Initiative und den Bürgerschaftsfraktionen die Details formulieren. Die SPD, deren Zustimmung für die nötige Verfassungsänderung gebraucht wird, gehört dem Trägerkreis der Volksinitiative an.

Der Kampf um die Volksentscheide dauert schon ein Jahrzehnt. Endlich durchgesetzt, wurde ihr Ergebnis mehrfach von der CDU-Mehrheit in der Bürgerschaft ignoriert, etwa beim Verkauf der städtischen Krankenhäuser, den eine große Mehrheit ablehnte. In ihrem Koalitionsvertrag vereinbarten CDU und GAL, sich mit der Initiative zu einigen.

Volksentscheide sollen in Zukunft grundsätzlich zugleich mit Bürgerschafts- oder Bundestagswahlen abgehalten werden. Das soll eine hohe Abstimmungsbeteiligung garantieren. Für Gesetzesänderungen soll wie in der Bürgerschaft eine einfache Stimmenmehrheit notwendig sein, für Verfassungsänderungen eine Zweidrittelmehrheit.

Bezugsgröße ist dabei die Zahl der bei der parallelen Wahl abgegebenen Stimmen, die in der Regel höher liegt als bei Volksabstimmungen. „Wir haben festgestellt, dass die Beteiligung an Abstimmungen und Wahlen sich nur um ein bis zwei Prozent unterscheidet“, sagt Angelika Gardiner vom Verein „Mehr Demokratie“, der die Volksinitiative angestoßen hat.

Ein Quorum, das heißt eine definierte Mindestzahl an Ja-Stimmen, wäre somit nur noch in Ausnahmefällen nötig: wenn eine Initiative beantragt, den Volksentscheid nicht an einem Wahltag abzuhalten. Dann müssten wie bisher 20 Prozent der Wahlberechtigten für das Anliegen des Volksentscheids stimmen. Bei der Koppelung an die Wahlen wird die Zahl der nötigen Ja-Stimmen in der Regel weit über dem Quorum liegen. Dafür erhöht die Koppelung die Abstimmungsbeteiligung und damit die Legitimation des Volksentscheids. Die Regeln zur Verbindlichkeit von Volksentscheiden sollen aus der Vorlage der Initiative übernommen werden.

Die Entscheidung mit einfacher oder Zweidrittel-Mehrheit mache die Sache einfach und verständlich, sagt Gardiner. „Und es ist die gleiche Legitimation wie beim Parlament.“ Feiern will Gardiner noch nicht. Dafür habe sie in den vergangenen Jahren zu viele Überraschungen erlebt. Für den Fall, dass die Einigung doch noch scheitern sollte, will die Initiative vorsichtshalber ihr Volksbegehren anmelden. Zur Not könnte sie dann einen Volksentscheid erzwingen.