Kein Platz für große Gefühle

Angst vor Krawall: Multiplex-Kino sagt Übertragung des Spiels Deutschland-Türkei ab. Nach Viertelfinal-Sieg feiern tausende Türken friedlich. In vielen Städten werden wegen tanzender und singender Fans Straßen gesperrt

Die türkische Fußballparty im Norden geht weiter: Zehntausende Anhänger haben am Freitagabend in Hamburg und anderen norddeutschen Städten begeistert und friedlich den Einzug ihrer Mannschaft in das Halbfinale der Europameisterschaft gegen Deutschland gefeiert. Nach dem Sieg der Türkei im Elfmeterschießen des EM-Viertelfinales über Kroatien versammelten sich die Menschen vielerorts jubelnd auf den Straßen, veranstalteten Autokorsos und blockierten vorübergehend den Autoverkehr in den Innenstädten.

Allein beim Fanfest auf dem Hamburger Heiligengeistfeld verfolgten knapp 30.000 zumeist türkische Fans die Übertragung der Partie. Während des Spiels war zunächst nichts von der temperamentvollen Atmosphäre zu spüren, die auf dem Heiligengeistfeld bei den Spielen des türkischen Teams bislang geherrscht hatte. Die chancenarme und statische Partie sowie strömender Regen sorgten zunächst für Ernüchterung unter den Fans.

Erst als die in Rückstand geratene türkische Mannschaft während der Verlängerung in letzter Minute den Ausgleich zum 1 : 1 erzielte und das so erzwungene Elfmeterschießen gewann, brachen sie in ohrenbetäubenden Jubel aus, tanzten und sangen. Anschließend zogen zahlreiche Menschen singend und Fahnen schwenkend über die Reeperbahn, die für den Verkehr gesperrt werden musste.

„Deutschland wir kommen“, rief Gökhan Turgut aus Hamburg. „Gegen Deutschland spielen wir in der regulären Spielzeit zunächst 3 : 3, dann gibt es ein Elfmeterschießen – und dann machen wir Euch platt“, freute sich auch Fatih Alemdar nach dem Ende der Partie.

In Kiel versammelten sich nach Polizeiangaben rund 2.000 türkische Fans, in Lübeck waren es etwa 2.000 bis 2.500. In beiden Städten waren zeitweise einige Straßen nicht passierbar. „Teilweise mussten wir die Innenstadt sperren, da ging nichts mehr“, sagte ein Polizeisprecher in Lübeck.

Insgesamt blieb es trotz der vielen Feiern ruhiger als nach dem Vorrundensieg der Türkei über Tschechien am Sonntag, sagte ein Sprecher. Trotzdem haben einige Veranstalter Befürchtungen, dass es nach dem Spiel der Türken gegen die deutsche Nationalmannschaft am Mittwoch nicht so bleiben wird. Ein Multiplex-Kino in Othmarschen, das bislang jedes Spiel mit deutscher Beteiligung übertragen hat, sagte das Public Viewing der Partie aus „Sicherheitsgründen“ ab. DPA / MAC