Was, wenn Iren irritieren?

Bremer Europa-Abgeordnete Trüpel (Grüne) nach Referendum in Irland: „Versagen der politischen Klasse“

Wären Touristen aus Irland gestern Mittag in der Bremer Bürgerschaft gewesen – vielleicht hätten sie sich über Helga Trüpel geärgert. Seit vier Jahren sitzt die Bremerin für die Grünen im Europaparlament; über das irische „No“ zum EU-Vertrag in der vergangenen Woche hingegen ärgert sie sich.

Bei einer erneuten Abstimmung der irischen Bevölkerung sollte der weitere Verbleib in der Europäischen Union an die Zustimmung zum Grundlagenvertrag geknüpft werden, so die Grüne am Montag auf einer Pressekonferenz. „Sollten die Iren dann ein weiteres Mal ablehnen, müssten sie die EU halt verlassen.“

„Kein Lob für die Iren, aber Respekt vor ihrer Entscheidung“ sei das, räumte Trüpel ein. Jedoch dürfe die Ablehnung des Vertrages nicht dazu führen, dass die anderen 18 Länder blockiert werden, die dem Entwurf bereits zugestimmt haben.

Christoph Müller ist Referent von Helga Trüpel. Als Dozent an der Universität Dublin hat er mehrere Jahre in Irland gelebt. Für ihn setzen sich die GegnerInnen des Vertrages zusammen aus „Hardcore-Anti-Europäern, Protestwählern und Verunsicherten“. Letzten Endes Schuld am Scheitern trügen jedoch die EntscheidungsträgerInnen in Politik und Wirtschaft, deren Pro-Kampagne argumentativ zu schwach war um die IrInnen zu überzeugen.

Diese Einschätzung teilt auch Helga Trüpel: „Die politische Klasse hat bei der Vermittlung der Vertragsinhalte versagt.“ Umso unverständlicher für die Abgeordnete, da die EU mit der neuen Verfassung „demokratischer, transparenter und sozial gerechter werden würde“. Bis zur nächsten EU-Konferenz im Oktober ist die irische Delegation aufgefordert, Vorschläge zur Überwindung der aktuellen Krise zu entwickeln. Bis dahin gelte es, so Helga Trüpel, die „zukünftige Ausrichtung Europas“ zu thematisieren.

Statt irischen Touristen zog gestern Mittag eine Gruppe russischer Fußballfans über den Bremer Rathausplatz. Deren EU-Beitritt ist bisher nicht geplant; dafür steht ihre Nationalmannschaft im EM-Halbfinale. Auch nicht schlecht. TIEMO RINK