Das kann ja heiter werden

Ein selbstverliebtes, ein hochbegabtes, ein Italien-resistentes und ein hingebungsvolles Team – besser könnten die Halbfinals nicht bestückt sein

Ein Blick auf die vier Halbfinalisten zeigt: Die martialisch annoncierte Todesgruppe hat sich als noch fataler erwiesen als angenommen; mehr als drei Tage Entspannung für Stammspieler sind während einer EM tendenziell kontraproduktiv; wie eine Formkurve beginnt, sagt nicht immer viel darüber, wie sie verlaufen wird.

Die Breitbrüstigen

Da mögen sie noch so viel von Bodenhaftung sprechen, die Deutschen halten sich selbst mit der allergrößten Selbstverständlichkeit für eine Spitzenmannschaft. Da wird ein Gruppenspiel vergurkt. Egal, normal. Hat Sparwasser einst die WM entschieden? Eben. Da wird ein Krampfspiel unter Riesendruck mittels Gewaltschuss gewonnen. Nur so geht’s. Und wenn sie einmal wirklich spitze spielen müssen, dann legen sie einen Auftritt hin, der alle rätseln lässt: Wie schaffen das die Deutschen nur? Ganz einfach. Weil sie sich für eine Spitzenmannschaft halten, egal wie sie spielen.

Die Wundermannschaft

Das nennt man mal einen soliden Aufbau. Die Russen steigern sich von Spiel zu Spiel. Dem durchwachsenen, von Trainer Hiddink „naiv“ genannten Start gegen Spanien folgte eine moderate Steigerung gegen Griechenland, eine erste Demonstration spielerischer Klasse gegen Schweden beim ersten Turnierauftritt von Arshavin, schließlich eine auch taktisch und nervlich erstaunlich reife Leistung gegen Holland. Arshavin war da längst everybody’s darling. Wohin soll das noch führen? Denn nicht zu übersehen auch dies: Die Mannschaft ist – bei Teams von Guus Hiddink ein durchgehend auffälliges Merkmal – auch enorm konditionsstark.

Die Fluchvernichter

Die Spanier machen gerade mit einer Menge Schluss. Mit ihrer ewigen Erfolglosigkeit in Viertelfinals, mit ihrer Angst vor Italien, das sie als Letzten aus der sogenannten Todesgruppe auf die Heimreise schickten. Die Spanier sind die einzigen Gruppensieger, die im Halbfinale stehen. Sie konnten sich an den anderen dreien, deren Stars ebenfalls zu lange ohne Erfolgsdruck rumgehangen hatten, ein warnendes Beispiel nehmen. Jetzt ist nur die Frage, ob das zähe Viertelfinale, in dem ihr flüssiges Kombinationskonzept so humorlos ausgebremst wurde, ihre Spielfreude nachhaltig einknicken lässt.

Die Leidenschaftlichen

Wie gut, dass es Klischees gibt, die einem Halt geben. Und dann noch eine türkische Nationalmannschaft, die sie so freundlich bedient. Das Klischee: Im türkischen Fußball, seelentechnisch bei seinen Spielern fest verankert, steckt vor allem und viel Leidenschaft. Die Realität dieser EM: Abgesehen von der Startpartie gegen die damals noch starken Portugiesen haben die Türken jedes einzelne Spiel durch späten, dann aber hinreißenden Widerstand gegen eine drohende Niederlage gedreht und gewonnen. Sie spielten keine Partie konstant, oft chaotisch und haben unterwegs schon ziemlich viele Stammkräfte verloren. Aber vielleicht macht das alles gar nichts. ARUE, TAK