Kinderhasser

Post für Sie!

Es ist nicht so, dass er Kinder tatsächlich hasst. Er kann nur nichts mit ihnen anfangen – sagte seine Exfreundin entschuldigend, wenn er sich von den Babys ihrer Freunde abwandte wie ein Allergiker von blühenden Wiesen. Die Patschehändchen, der fragende Blick, der Forscherdrang, es schüttelte ihn.

In einer Postfiliale, mittags. Er beäugt die beiden Kinder am Tisch, die hingebungsvoll Post-Flyer bemalen und den kleinen Tisch komplett blockieren. Ihre Mutter füllt währenddessen einen Paketschein aus. Die Kinder malen. Er grummelt. Er will an den Tisch. Die Mutter muss noch einmal zum Auto, „please stay here“, sagt sie zu ihrer älteren Tochter, etwa acht Jahre alt. Die nickt. Bleibt still sitzen und passt mit Blicken auf ihre Schwester im Kindergartenalter auf. Sie malen. Er grummelt. Die Mutter kommt zurück. „Would you stand in the line for me?“ Die Ältere steht auf und fügt sich in die Schlange großer Menschen. Endlich! Eine Schneise in der Blumenwiese. Er setzt sich. Und blickt angewidert das kleine, rastabezopfte Mädchen an: es drückt den Schwamm aus, mit dem man die Kuverts befeuchtet und dann zuklebt. Wasser auf den Tisch, wieder aufsaugen. „Schau mal, da ist Wasser drin!“ Wasser raus, wieder rein. Er rührt sich. Sei ja eklig, er müsse was ausfüllen, alles voller Wasser, bäh.

„Darf ich Ihnen ein Taschentuch spendieren?“ Die Frau neben ihm erntet einen angewiderten Blick. „Nee, ick bin ja keene Putzkolonne!“ Kleine Hände drücken lustvoll den Schwamm weiter aus. Er starrt sie an. Abrupt steht er auf und geht nach draußen. Sorgfältig klappt er eine akkurat gefaltete Einkaufstasche auf, um seine Unterlagen zu verstauen. Es ist Pollenzeit in Berlin, und er muss niesen.

MIRIAM JANKE