Angelika Brandt, ausgezeichnete Tiefseeforscherin
: Das Wissens-Vakuum füllen

Alle zwei Jahre bricht Angelika Brandt zu Expeditionen in die Polarregion auf. Dort erforscht sie die Tiefengewässer der Arktis und Antarktis. Seit ihrer ersten Forschungsfahrt kann sie nicht mehr von den Weiten und Tiefen der Eisregion lassen. „Die Antarktis verändert einen Menschen, dort zu sein, ist das größte Erlebnis überhaupt“, sagt die Forscherin. Für ihre erfolgreichen Forschungsarbeiten wird sie am kommenden Dienstag in St. Petersburg mit der Exzellenz-Medaille des Komitees für Antarktis-Forschung ausgezeichnet.

Auf dem Forschungsschiff Polarstern hat sie als wissenschaftliche Leiterin in den letzten Jahren mehrere Expeditionen durchgeführt. Der berühmte blau-weiße Eisbrecher ist ein schwimmendes Großlabor und kann bei Außentemperaturen von bis zu minus 50 Grad arbeiten, und wenn nötig im Eise der polaren Meere überwintern.

Die Arbeiten auf der Polarstern sind vor allem eins, zeitintensiv und teuer. Die tiefste Untersuchung fand auf 6.348 Metern statt, erzählt Brandt. Dazu wurden mittels eines speziellen Greifsystems Stücke aus dem Meeresboden gestanzt, über 10.000 Meter Kabel waren dazu nötig. Auf ihrer letzten Expedition war Brandt über eine Woche von Eis umschlossen, der Stimmung auf dem Schiff habe dies aber keinen Abbruch getan. Mehr als 700 neue Arten wurden unter ihrer Federführung in den Tiefen der dunklen Polargewässer entdeckt: Fleisch fressende Schwämme, Meeresasseln, Ruderkrebse, Seeigel, Seegurken, Muscheln und Tintenfische sind nur einige davon.

Die studierte Anglistin, Biologin und Diplompädagogin wollte eigentlich Lehrerin werden, bis sie eine Doktorandenstelle in der Polarforschung antrat. Früh machte sie auf das „Wissens-Vakuum“ aufmerksam, das gegenüber der Artenvielfalt in der Tiefsee herrschte. Noch vor zehn Jahren war diese kaum bekannt.

Inzwischen zählte das amerikanische Time-Magazin die Arbeiten von Angelika Brandt zu den wichtigsten wissenschaftlichen Entdeckungen im Jahr 2007. Die Lorbeeren gibt sie gern an ihr Team weiter, dem sie den Erfolg der Expeditionen zu verdanken habe. RABEA WACHSMANN

Fotohinweis:ANGELIKA BRANDT, 46, leitet Biozentrum und Zoologisches Museum der Uni Hamburg. Foto: PRIVAT