Bedroht der Klimawandel auch Oldenburg?

Für das Jahr 2009 hat Oldenburg den Titel „Stadt der Wissenschaft“ bekommen. Nun denkt die Stadt über ein Programm nach: Zunächst sollen die OldenburgerInnen in ihrer „Übermorgenstadt“ Zukunftsfragen stellen

Gerd Schwandner darf das Werk vollenden. Oldenburgs Oberbürgermeister also legt Hand an ein bis dahin noch nicht fertig geklebtes Plakat. Das untere rechte Viertel fehlt noch, ein Helfer der Plakatkleberzunft hat die Fläche bereits eingeleimt und den Rest des Plakats so befestigt, dass Schwandner es nur noch umklappen muss. Als er fertig ist, sieht man, dass es nur eine grau eingefärbte Fläche ist, die er zur Vollendung des Plakats beigetragen hat. Ein großes, graues Nichts, an dessen unteren Ende neben einem orangefarbenen Farbklecks das Kleingedruckte steht: „Übermorgenstadt Oldenburg – Stadt der Wissenschaft 2009. Ausgezeichnet durch den Stifterverband“.

Zwar ist es noch ein halbes Jahr hin bis 2009, aber dennoch will die Stadt schon jetzt damit beginnen, sich an den Titel heranzutasten, den sie im Februar verliehen bekommen hatte. „Stadt der Wissenschaft“ darf sie sich ein Jahr lang nennen, Wissenschaft soll thematisiert und erlebbar gemacht werden. Das Plakat, das Studenten der Oldenburger Universität gestaltet haben, ist der Auftakt. Neben Schwandners grauem Nichts ist eine Scheibe Toastbrot zu sehen mit einem zerlaufenen Tropfen Marmelade drauf, der Farbe nach der Geschmacksrichtung Bitterorange, weil es nur so dem Logo der „Übermorgenstadt“ ähnelt.

„Übermorgenstadt“, diese Bezeichnung haben sie sich ausgedacht für Oldenburg. Das klingt gut, ist aber noch ein hohler Begriff, der bis Anfang 2009 gefüllt werden muss. Das sollen jetzt die OldenburgerInnen übernehmen. Sie sollen die Zukunftsfrage zu ihrer Stadt stellen, dazu soll sie das Plakat unter der Überschrift „Guten Übermorgen!“ – deshalb wohl das Toastbrot-Motiv – und darunter die kryptische Aufforderung „Frag’s weiter“ animieren.

Das kann nur bedeuten: Frag’s weiter, weil uns nichts einfällt. Damit setzt sich fort, was schon während der Bewerbungskampagne nicht klappte: Damals wurde die Öffentlichkeit aufgerufen, der Stadt Ideen zu liefern, um die Bewerbungsmappe zur „Stadt der Wissenschaft“ mit Inhalt zu füllen. Auf der Ideensammelseite im Internet passierte aber wenig, lediglich die Mitglieder des Kampagnenteams hinterließen einige dünne Beiträge.

Trotzdem verbreitete die Stadt, die Bewerbung werde von der breiten Masse der Bevölkerung getragen, was die Jury dann auch glaubte. Jetzt soll das Toastbrot-Plakat 150-fach geklebt werden und Zukunftsfragen liefern. Die Stadt erwartet laut Sprecher Marco Sagurna „viele hundert Beiträge“, am Ende wird aus den drei interessantesten Fragen die eine Zukunftsfrage ausgewählt und von Experten beantwortet.

Rainer Lisowski, Wissenschaftsreferent der Stadt Oldenburg, nennt als Beispiel für eine mögliche Zukunftsfrage die Frage, „ob der Klimawandel die Stadt wirklich bedroht“. Schwandner glaubt, dass „unsere Antworten auf die Zukunftsfrage auch für andere Städte von Interesse sein werden“ – die Welt also wird nach Nordwesten schauen, wenn Oldenburg wegen steigender Meeresspiegel nicht schon abgesoffen ist. Die Stadt liegt ja nur auf sieben Meter Höhe.

FELIX ZIMMERMANN