Fliehende Stigmatisierte, falsche Fahrer, flüchtende Frauen

Ohne sie gäbe es nicht so viele spanische Filme in der Schanze: Zum neunten Mal laufen derzeit im 3001 die Spanischen Filmtage. Bis Mitte Juli sind sieben Spielfilme und zwei Kurzfilmprogramme zu sehen. Den cineastische Höhepunkt liefert Jordi Solés Spielfilm „El Taxista Ful“ – über einen Mann, der Taxis klaut, um zu arbeiten

Dass das 3001 sich als Spielstätte für iberische Filme derart hat etablieren können, hat das Kino vor allem den Spanischen Filmtagen zu verdanken, die dort derzeit zum neunten Mal stattfinden. Sieben Spielfilme und zwei Kurzfilmprogramme umfassen die diesjährigen zwei Wochen – der mittlerweile einmal monatlich in Zusammenarbeit mit dem Instituto Cervantes ohnehin stattfindenden „Cine Club Español“ wurde gleich ins Programm integriert.

Eröffnet wurden die Filmtage mit dem Melodrama „El Hombre de Arena“ („Der Sandmann“) von José Manuel González-Berbel, das heute Abend noch einmal zu sehen ist. Der Film erzählt von Mateo, der als Vagabund stigmatisiert weggeschlossen in einer psychatrischen Klinik lebt und versucht, zusammen mit Lola zu fliehen. Ein exemplarisches Schicksal: Tausende von Obdachlosen oder Homosexuellen wurden in Spanien bis zur Abschaffung des entsprechenden Gesetzes einige Jahre nach dem Ende der Franco-Diktatur als „sozial auffällig“ deklariert und ohne Prozess eingesperrt.

Der cineastische Höhepunkt ist aber der Spielfilm „El Taxista Ful“ („Der falsche Taxifahrer“) von Jordi Solé. Der Film, der beinah dokumentarisch wirkt, weil die Laiendarsteller in diesem außergewöhnlichen kollektiven Produkt sich selbst spielen, erzählt die Geschichte von Pepe Rovira, über 50 Jahre alt und ohne Einkommen. Auf seinem Tisch liegt noch die Mappe mit dem Aufdruck der Gewerkschaft UGT Metal – aber das war früher. Jetzt arbeitet er als Taxifahrer – in Taxis, die er nachts knackt und „leiht“. Mit ein wenig Geld für Benzin findet der Besitzer den Wagen morgens wieder. Mehrmals wird Pepe von der Polizei festgenommen, schließlich droht ihm nach einem Prozess die Einweisung in die Psychatrie. Doch Marc Sempere, ein Hausbesetzer und Aktivist der grupos antisistema, wie die radikale Linke in Spanien genannt wird, nimmt sich des Taxistas an. Der lernt nun die Barceloneser Linke kennen, etwa die Gruppe Dinero Gratis, „Geld Umsonst“, die proklamiert: „Wir wollen keine Arbeit, wir wollen Geld. Geld umsonst!“ Pepe Rovira ist denn auch etwas perplex, als ein linker Anwalt ihn als politischen Delinquenten bezeichnet, der sich gegen das System wehrt. Denn als Systemgegner sieht er sich selbst nicht – er klaut, um zu arbeiten. Aber dann entwickeln sich die Dialoge zwischen ihm und den AktivistInnen…

Sehenswert ist auch „Yo soy la Juani“ („Ich bin die Juani“) von Bigas Luna, in dem sich alles um eine junge Frau dreht, die herauswill. Juani ist seit ihrem 15. Lebensjahr mit ihrem tumben Verlobten zusammen. Doch irgendwann explodiert sie und beschließt, ihre Zeit nicht weiter zu verschwenden. Juani ist eine von zwei Frauen, die ihre nervenden Männer zurücklassen und sich auf der Suche nach einem besseren Leben nach Madrid aufmachen. Sie will Schauspielerin werden und ihr ist völlig klar, dass ihr das gelingen wird – schließlich ist sie die Juani, das nonplusultra… GASTON KIRSCHE

bis Mi, 16. 7., 3001, Schanzenstr. 75 (im Hof); Programm: www.cinelatino.de