Konkurrenz für Mekka am Mittelmeer

Abdelasis Bouteflika hat hochfliegende Träume: Der algerische Präsident wünscht sich den höchsten Gebetsturm in Nordafrika. Hessische Firmen sollen den Wunsch erfüllen und Minarett, Moschee sowie ein angegliedertes Islamzentrum bauen. Der Vertrag für das 800-Millionen-Euro-Geschäft wurde gestern in Algeriens Hauptstadt nach einem Gespräch zwischen Bouteflika und Bundeskanzlerin Angela Merkel unterschrieben.

Der Größenwahn Bouteflikas kommt nicht von ungefähr. Er möchte dem 1999 verstorbenen König Hassan II. von Marokko in nichts nachstehen. Der baute sich Anfang der 90er seine 210 Meter hohe Moschee in Casablanca. Bouteflika hat sich als Standort die Bucht von Algier ausgesucht. Natürlich wird sein Minarett mit 214 Metern höher, ja es soll das höchste muslimische Gebetshaus weltweit werden. 40.000 Menschen werden in den Gebetsraum passen, 80.000 auf den Platz davor. Nur die Moscheen an den heiligen Stätten in Saudi-Arabien fassen noch mehr Gläubige.

Eigentlich sollte eine kanadische Firma den Zuschlag erhalten. Doch die Deutschen böten bessere Technik und haltbareres Material für das Gebäude auf dem 220.000 Quadratmeter großen Bauareal, hieß es. Das zeltförmige Minarett wird in zehn Stockwerke unterteilt. Dort werden neben dem Gebetsraum drei Bibliotheken, Mediatheken, ein Konferenzraum und eine Aussichtsplattform untergebracht. Ferner wird auf dem Gelände eine Koranschule, eine religiöse Fakultät, ein Restaurant, Läden und ein Hotel sowie ein Museum über die algerische Geschichte entstehen. Neben der Moschee sollen 6.000 Fahrzeuge parken können. Die Moschee werde „das Monument des unabhängigen Algeriens“ sein, heißt es aus Regierungskreisen. „Die Moschee soll eine Kultstätte sein, ein Ort der Spiritualität, ein Ort für die Wissenschaft und den Tourismus“, erklärt Projektmanager Mohammed Lakhdar Aloui. Bisher stand ein Denkmal mit einem Museum über den Unabhängigkeitskrieg für das neue Algerien.

Mit dem Bau der Moschee tritt Bouteflika endgültig aus dem Schatten von Houari Boumedienne, dem historischen Staatschef nach der Unabhängigkeit von Frankreich 1962, unter dem er einst als Außenminister diente. Die Ära Boumedienne war von säkularen Ideen geprägt. Nach seinem Tod geriet Algerien in eine tiefe Krise, die 1992 in einen Bürgerkrieg mit radikalen Islamisten mündete. Nach zehn Jahren blutigem Konflikt schwenkte Bouteflika auf Aussöhnung mit den Islamisten. Zwar wird ihre Teilnahme am politischen Leben nach wie vor beschränkt, aber die Moschee soll jetzt betonen, dass Algerien fest zum Islam steht. REINER WANDLER