Der Bananengrabscher

Humor und Humor

Über Humor lässt sich ähnlich trefflich streiten wie über Geschmack. Es passiert mir leider sehr oft, dass ich einen Witz mache und die Einzige bin, die lacht. Vor ein paar Tagen fragte mich ein Fahrradfahrer nach dem Weg. Dass der gut aussehende Ortsunkundige Franzose war, war sofort an seinem entzückenden Akzent zu erkennen. „Gönnen Sie misch sagen, wo der S-Bahn-Station sisch befindet?“ Natürlich konnte ich das. „Keine Problem, cheri“, sagte ich, „fahren Sie mit Ihre entzückende Vélo toujours geradeaus, und an die Ende die Straße werden Sie finden Ihre Glück.“

Statt so etwas wie „Sie kleine fresche Schlingel, Sie“ zu entgegnen, verfinsterte sich sein Gesicht. Es vergingen einige peinliche Sekunden, die ich mit der ebenfalls peinlichen Erklärung beendete, dass sich Franzosen nun mal leicht durch ihren hübschen Akzent verraten. „Wenn Deutsche spreschen Französisch, das ist viel mehr schlimm“, sagte er und fuhr grußlos davon.

Zwei Tage später in meinem Bioladen in der Boxhagener Straße: Ich hatte ein paar reife Bananen ausgesucht, und beim Bezahlen fragte der Verkäufer, was in der Tüte sei. „Gucken Sie doch rein“, sagte ich kokett, „oder noch besser, versuchen Sie, es zu ertasten.“ Erschrocken schüttelte er den Kopf und erzählte von einer Kundin, die Erdbeeren gekauft hatte und es überhaupt nicht lustig fand, als er eine davon durch die Tüte hindurch zerdrückt hatte. Ich schob meine Tüte ganz nah zu ihm. „Meine dürfen Sie anfassen, nur zu.“ Zaghaft berührte er das braune Umweltpapier. „Sie Grabscher!“, fuhr ich ihn an. „Sie Bananengrabscher!“ Er zuckte zusammen, seine Augen weiteten sich vor Schreck. Erst als ich laut lachte, entspannten sich seine verkrampften Finger und der Bananengrabscher lachte ebenfalls. BARBARA BOLLWAHN