Lemberger für die Schwaben aus Prenzlauer Berg

Bei „Nix wie Wein“ verkauft die gebürtige Sächsin Heide Pellmann preiswerte Weine aus ganz Europa. Nur nicht aus Ostdeutschland. Teil 3 der taz-Serie über Berliner Weinläden

Mut kann man Heide Pellmann sicher nicht absprechen. Nach ein paar Volkshochschulkursen und einer zweiwöchigen Traubenernte am Kaiserstuhl warf sie ihren gut bezahlten Bankjob hin und gründete einen Weinladen. Auch Weinvorkenntnisse hatte die heute 39-jährige Diplomkauffrau kaum: „Ich bin in Sachsen geboren und in Thüringen aufgewachsen, und wer von uns Ostdeutschen hatte schon Ahnung von Wein.“

„Nix wie Wein“ entstand 1997 im Prenzlauer Berg unweit des S-Bahnhofs Schönhauser Allee. Damals befand sich fast alles im Bezirk in Bewegung. Die Preise stiegen, die alten Bewohner gingen und neue kamen. „Ostdeutsche gibt es hier inzwischen fast nicht mehr“, konstatiert Pellmann. „Zugezogen sind vor allem Süddeutsche, viele Familien, gut verdienend, jung.“

Und dies hatte für den Weinladen Folgen – positive wie negative. Mit einem Mal hatte die Sächsin Kunden, die aus Weinbauregionen stammten, sich also auskannten. So erweiterte Pellmann ihr Angebot um Trollinger und Lemberger, den bevorzugten Weinen der Württemberger. Den wenigen gelernten DDR-Bürgern, die noch im Kiez wohnen, schien das dann doch zu viel zu sein: „Schwaben raus“ stand vor kurzem auf der Schiefertafel, mit der sie unter alten Reben für ihre Weine wirbt.

Dabei ist das Angebot von „Nix wie Wein“ alles andere als elitär. 80 Prozent der Weine kosten weniger als 8 Euro, aber auch für 4 bis 5 Euro kann man hier einfache, ehrliche Weine finden – so etwa Cabernet Sauvignon, Syrah oder Merlot vom südfranzösischen Bioweingut Vignobles de la Voie d’Heracles.

Heide Pellmann hat aber auch festgestellt, dass ihre Kunden immer häufiger bereit sind, für eine gute Flasche Wein auch gutes Geld auszugeben – trotz der ansonst herrschenden Konsumflaute. Wie andere Berliner Händler ist sie der Ansicht, dass das Wissen über Wein und die Ansprüche an ihn in den vergangenen zehn Jahren in der Hauptstadt stark angestiegen sind.

Obwohl Heide Pellmann aus Sachsen stammt, sucht man Weine aus diesem Anbaugebiet bei ihr vergeblich. Und auch aus der zweiten ostdeutschen Weinregion Saale-Unstrut ist nur ein Winzer vertreten: Günter Born aus Höhnstedt, ein Elekroingenieur, dessen Familie schon in der vierten Generation im Weinbau tätig ist. Pellmann: „Born bietet ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis, dies ist bei anderen ostdeutschen Winzern selten.“

Und so setzt Pellmann auf Rieslinge aus dem Westen, ihre Lieblingsweine. Vor allem von der Mosel kommen sie. Hier hat „Nix wie Wein“ Carl Loewen und Andreas Schmitges im Programm. Zugleich ist aus fast jedem Anbaugebiet Europas zumindest ein Winzer vertreten. Relativ groß ist das Angebot an Weinen aus Süditalien, Spanien und Portugal – denn auch hier stimmt das Preis-Leistungs-Verhältnis. Pellmanns Ziel ist es, mehr Weine aus Osteuropa anzubieten, denn dort „ändert sich zurzeit unheimlich viel“.

Zumindest ein osteuropäisches Weingut ist bei „Nix wie Wein“ bereits vertreten – auch wenn sein Besitzer kein Osteuropäer, sondern ein Rechtsanwalt aus Prenzlauer Berg ist. Horst Hummel kaufte 1998 im mediterranen südungarischen Villány acht Hektar Weinberge und produziert dort heute Gewürztraminer, Cabernet Sauvignon und Kékfrankos, der in Österreich Blaufränkisch und in Deutschland Lemberger heißt. Im Unterschied zu seinem Württemberger Pendant ist der ungarische vollmundiger und wuchtiger – doch enttäuschen wird er die Schwaben kaum. Schließlich ist auch Hummel Schwabe. SABINE HERRE

Der Weinladen: „Nix wie Wein“, Kopenhagener Straße 6, 10437 Berlin, S- & U-Bahnhof Schönhauser Allee, www.nixwiewein.de, Telefon: (0 30) 44 00 82 20, Öffnungszeiten: Mo.–Fr. 12–20 Uhr, Sa. 10–18 Uhr

Das besondere Angebot: Italienischer Grappa, badischer Obstler oder französischer Kirschbrand werden bei Nix wie Wein offen angeboten. Einen guten Überblick über das Sortiment bekommt man bei den einmal im Monat stattfindenden Weinseminaren.

Der Weintipp von Heide Pellmann: 2007er Weißburgunder von Carl Loewen, Mosel, 7,40 Euro. „Der Wein ist saftig und cremig, hat aber dennoch eine dezente Säure und wirkt so sehr elegant. Er duftet nach gelben Pflaumen und weißen Blüten und passt gut zu hellem Fleisch.“

Und nächsten Dienstag: Weinhandlung Bruhn in Wilmersdorf.