Kurbetrieb oder Bildungsstätte

Die Verhandlungen über die Zukunft der Pflanzenschau Botanika gehen in eine neue Runde. Hoffnungen macht sich nicht nur ein Saunabetreiber, sondern auch eine Bildungsbürgerinitiave

von Felix Zimmermann

Es könnte diese Woche spannend werden für die Botanika und alle die, die auf eine Entscheidung warten, wie es mit der Gewächshaus-Schau weitergeht. Das so genannte „Interessenbekundungsverfahren“, in dessen Verlauf mögliche InteressentInnen ihre Konzepte an den Bau- und Umweltsenator schicken konnten, ist beendet. Drei, heißt es, seien übrig geblieben – darunter der derzeitige Betreiber Bernd Linke sowie zwei Interessenten, die in der Botanika etwas mit Wellness machen wollen, eine Art Kurbetrieb, für den allerdings erhebliche Veränderungen unumgänglich würden. Ende des Jahres läuft die Gnadenfrist für die Botanika endgültig aus.

Beim Bausenator heißt es, die Verhandlungen seien wegen der Urlaubszeit ins Stocken geraten, sollten aber noch diese Woche wieder aufgenommen werden. Fraglich ist, wann es eine Entscheidung gibt. Es könnte sein, dass es am Ende einer zum Zuge kommt, der eigentlich schon aus dem Rennen war.

Das wäre der Betreiber der „Oase“ im Weserpark, Helmuth Gaber. Er zeigte einst Interesse an der Botanika, um dort eine verfeinerte, verkleinerte „Oase“ zu betreiben. Sauna, Fitness und Wellness für eine etwas andere Zielgruppe als im Weserpark. Gaber hatte sich im Verlauf des Verfahrens entschlossen, kein Konzept einzureichen, weil ihm zu viele Dinge ungeklärt erschienen, die er für eine einigermaßen realistische Kalkulation benötigt hätte. Wobei Gabers Entschluss nicht bedeutet, dass er kein Interesse mehr hat. Vielmehr wählte Gaber einen anderen Weg: Er stellte dem zuständigen Fachbereichsleiter im Ressort, Edo Lübbing, seine Pläne vor, benannte „Grauzonen, die noch geklärt werden müssten“ und formulierte „in einem sehr konstruktiven Gespräch unsere Wünsche“. Mehr Parkplätze, bessere Erreichbarkeit, „und eine emotionslose Diskussion darüber, was man als schützenswert fortführen möchte“.

Gaber etwa denkt an das Entdeckerzentrum im Eingangsbereich der Botanika. Er würde da nicht daran hängen, sähe es lieber, als Investor gerade diesen Bereich anders zu nutzen – „aber es muss vorher geklärt werden, was man Investoren dort ermöglicht.“ Lübbing weiß also nach dem Gespräch, was Gaber will, ohne dass der ein Konzept eingereicht hätte. Gaber hofft jetzt darauf, dass sich aus dem Interessenbekundungsverfahren kein möglicher Bewerber heraus geschält hat, der das Konzept mitbringt, dass der Senat am liebsten sähe: eins, das Bremen ohne weitere Finanzspritze davon kommen lässt.

Gaber scheint da zuversichtlich. „Wir sind ganz offen und beobachten, was geschieht. Und vielleicht kommt eine Einfahrt, und dann sind wir wieder drin“, sagt Gaber. Es kann sein, sagt er noch, dass er sich verspekuliert hat und es eben doch ein tragfähiges Konzept gibt. Wenn es so wäre, dann ist er aus dem Rennen. Das wäre aber auch nicht schlimm, denn seine Oase laufe so gut, da brauche er die kleine, feine Erweiterung gar nicht.

Es gibt einen, der lässt sich nicht verdrießen, wenn es um die Botanika geht und das Verfahren, das vielleicht einen Schlusspunkt setzt unter die Botanika, wie er sie liebt. Dieser eine heißt Claus Ocker, ist Mitte 80, Professor für Gesang und ein großer Freund der Pflanzen-Schau. Ockers Freundschaft geht so weit, dass er seine Ärmel hochgekrempelt hat, um sie dauerhaft zu retten. Als Ort, an den die Menschen gerne gehen, als Bildungseinrichtung, auch und vor allem für Schulen und Universitäten. Ocker hatte 2007 eine Bürgerinitiative gegründet, um die Botanika noch durchs Jahr zu bringen, 5000 Menschen unterschrieben damals dafür. Jetzt schreibt Ocker massenhaft Briefe. All die 5.000, die damals bei der Bürgerinitiative unterschrieben hatten, will er anschreiben, um sie auf seinen neuesten Coup aufmerksam zu machen: Ende April hat er mit einigen Gesinnungsgenossen den Verein gegründet, der den sperrigen Namen „Verein zur Förderung der Artenvielfalt in Botanika, Botanischer Garten, Rhododendronpark“ trägt, dessen Abkürzung etwas leichter zu merken ist, wenn auch das kleine B verwundert: bBR. Da sollen sie jetzt – möglichst alle – eintreten oder spenden, am liebsten beides, um die Botanika zu erhalten.

Ocker appelliert an den Bürgersinn in Bremen: Die Sparkasse fuße darauf, das Überseemuseum sei so finanziert worden, die Kunsthalle, ihm fallen viele Beispiele ein. Warum sollte das heute nicht möglich sein, fragt er. „Wir haben doch betuchte Leute in Bremen. Wenn 500 jeweils 1.000 Euro geben, dann kommt die Botanika ein Jahr über die Runden“, sagt Ocker. Oder die Mitglieder seines Vereins: „Wenn wir 2.000 Mitglieder hätten, die je 20 Euro im Jahr zahlen, dann hätten wir 400.000. Damit könnten wir einen Teil der Unterhaltungskosten zahlen.“

Er ist ein Idealist, vielleicht ein Träumer. Aber zumindest einer, der sich alles schon sehr genau ausgemalt hat. Als erstes sollte die Botanika das Ressort wechseln. Ocker hätte es gerne, dass sie Bau- und Umweltsenator entzogen und dem Bildungsressort zugeschlagen wird, denn da gehöre sie hin. „Es tut mir leid, dass die Botanika als Event und zu wenig als Bildungseinrichtung für Schulen und Universitäten genutzt wird“, sagt er. Ocker sieht SchülerInnen und Studierende vor sich, wie sie zwischen Stauden, Sträuchern und Bäumen Pflanzen erkunden, und wie sie begleitet werden von ihren LehrerInnen und ProfessorInnen, „denn ohne kompetente Führung lässt es sich nicht machen“.

Dann sieht er ein neues Gebäude entstehen mit Seminarräumen und Laboren. Dort könnten die Studenten und Schüler gleich auch noch Seminare abhalten und ihre Pflanzenstudien unterm Mikroskop weitertreiben. Ocker sagt, in seinem Verein „bBR“ seien schon jetzt viele Professoren verschiedener Hochschulen, die würden das unterstützen.

Am Wochenende ist Ockers Verein in der Sache aktiv geworden. Beim „Familiensonntag“ in der Botanika baute er einen Stand auf, informierte über seine Ziele und verteilte Mitgliedsanträge. Und im Hintergrund hat er längst Fäden geknüpft. Er strebe eine „enge Zusammenarbeit“ mit der Deutschen Rhododendron-Gesellschaft an sowie mit der „Stiftung Bremer Rhododendronpark“, die ab 2009 für den Park zuständig ist, sagt Ocker. Ob das alles reicht? Ob sich Ocker die Arbeit sparen könnte, weil alles ganz anders kommt? Eine Sauna, wie sie Gaber vorschwebt, wäre für Ocker wahrscheinlich der Graus. Er will Bildung. Bildung zwischen, durch und mit Pflanzen. Es kann aber gut sein, dass er irgendwann erkennen muss, dass seine 5.000 Briefe umsonst geschrieben wurden.