„Fuck the Olympics“

Vier Bands spielen am Samstagabend im Mao Live House beim Pekinger Glockenturm. Es ist die längste Punk-Rock-Nacht während der Olympischen Spiele. Der Sänger der Gruppe PK 14 sagt: „Die Spiele interessieren mich nicht. Sie sind kommerziell, politisch und Propaganda.“

Umso erstaunlicher, dass die Party trotzdem abgeht. Das Konzert ist ausverkauft, der Saal mit 300 Leuten rappelvoll. Gekommen ist nicht das vertraute, kleine Pekinger Punkpublikum, sondern eher die Großstadtschickeria, die erst nach Mitternacht, bei der letzten Band namens Hualun, richtig in Ekstase gerät. Die Sängerin schmiert sich mit einer Geburtstagstorte die Haare voll, wirft Kuchenstücke in Fangesichter, dann ist plötzlich Stimmung. Ein Typ mit Irokesenschnitt klettert auf die Bühne, tanzt mit der Sängerin.

Anschließend erklärt er die Pekinger Punkwelt: „Punk ist in China etwas für Leute ohne Macht, ohne Geld, für Arbeitslose.“ Er trägt rote Coca-Cola-Ohrringe, zeigt seine Tattoos. Unter der Oberlippe trägt er ein Anarchie-Zeichen. Er sagt, Olympia als Sportparty wäre okay, aber wegen der Proteste gegen China im Ausland seien jetzt viele seiner Freunde nicht gut drauf. Die ausländische Kritik gehe ihnen genauso auf die Nerven wie die viele Polizei in Peking. Viele seiner Freunde seien von Beamten aufgesucht und gewarnt worden. Deshalb verhalte man sich jetzt eher ruhig. Im Mai habe es noch ein Punk-Konzert unter dem Motto: „Willkommen in Peking – Fuck the Olympics“ gegeben. Das sei jetzt unvorstellbar. „Manches ist unangenehm, aber sie können uns nichts anhaben“, sagt er.

Doch er ist noch nicht fertig. Er will nach seiner Kritik an der Polizei auch noch etwas Gutes über die Regierung sagen, hält seine Hand aufs Punkerherz und spricht: „Ich liebe Wen Jiabao (Chinas Premierminister, d. R.), er war schon 1989 für die Studenten, er war jetzt zwei Stunden nach dem Erdbeben in Sichuan auf dem Weg zum Katastrophenort, er ist ein toller Mann“, sagt er. Chinesische Punker wollen eben nicht nur protestieren.

GEORG BLUME