hamburger szene
: Plärrstöpsel mit Bio-Siegel

Wie in einem Fuhrpark reihen sich die Kinderwagen in den Cafés aneinander und zwingen kinderlose Gäste zu waghalsigen Klettermanövern über Tische und Stühle. Wer in Hamburg unter der Woche Frühstücken gehen möchte, der bekommt ein Platzproblem – Hilfe, die Mütter kommen!

Offenbar gelangweilt von der eigenen Stube treffen sie sich mindestens jeden zweiten Tag zum „Baby-Frühstück“. Die Frauen debattieren dann wild über den Unterschied zwischen Natur- und herkömmlichen Windeln oder beratschlagen die Vorteile extra saugfähiger Sabberlätzchen.

An einem Holztisch, umzingelt von ihren Kinderkutschen, sitzen drei Mütter Anfang dreißig – Ich direkt daneben. Während ich in einer Zeitung blättere, versuchen sich die drei zu unterhalten. Aufgrund ihrer permanent schreienden Babys ein schwieriges Unterfangen. „Ich habe einen neuen Schnulli für Raul-Theodor gekauft“, ruft eine der drei und wirft den Kautschuksauger auf den Tisch. „Im Reformhaus. 100 Prozent Bio“, fügt sie an.

Die beiden anderen mustern ihn mit Argusaugen. Anschließend nicken sie anerkennend, wohl wissend, dass sie nachziehen müssen.

Derweilen frage ich mich, ob sich der Bio-Schnuller in ganz Hamburg durchsetzen könnte. Es muss sich um einen Modegag findiger Produktdesigner handeln beschließe ich und schlürfe beruhigt meinen Milchkaffee aus. JULIAN KÖNIG