Ich war noch niemals in New York …

… weil New York einfach immer im falschen Moment kam. Das erste Mal war ich elf. Da wollte ich Indianer werden. Die Route hatte ich genau geplant. Erst mal New York, schließlich brauchte ich Pferd, Bogen, Proviant. Und dann in Richtung Westen, irgendwo würde ich schon einen Stamm finden, der eine weiße Squaw aufnehmen würde. Meine Eltern zeigten mir synchron einen Vogel.

Als ich zwanzig war, klopfte New York wieder an meine Tür. Ein Freund fragte, ob ich mit nach Amerika fahre. Nach Amerika? Der hatte Nerven! Schließlich studierte ich Französisch, und da fuhr man nach Paris. Und sieben Jahre später war Andy Warhol tot. Den hätte ich wirklich gerne auf dem Broadway getroffen, wo er ein paar Dollar aus seinen Westernstiefeln pult, um sie einem Taxifahrer in die vor Ekel schon leicht zurückgezogene Hand zu drücken.

Neulich hat New York wieder sein Gesicht gezeigt. Und diesmal hat es gute Chancen. Denn eine Wahrsagerin hat meinen zukünftigen Ehemann gesehen: einen asiatischen Koch. Als ich im Büro die Asienflüge googelte, meinte meine amerikanische Kollegin: das kannst du billiger haben. In New York lebt ein Haufen asiatischer Köche, und weißt du: Sie sprechen alle Englisch. Oder willst du für deine Ehe noch Japanisch lernen? Ein Billigticket nach New York ist für knapp 400 Euro zu haben. Und den Rückflug könnte ich verfallen lassen.

STEPHANIE JAECKEL, alterslos