Bunter Trubel in Abflugterminal

Klima- und Antira-Camp: Polizei löst Demonstration gegen die Sammelabschiebeflüge am Fuhlsbüttler Flughafen vorzeitig auf und konterkariert damit ein Urteil des Oberverwaltungsgericht

VON KAI VON APPEN

Die Flughafen AG setzte auf Deeskalation – die Polizei wieder einmal auf Konfrontation. Während der Protest der Gruppe „Fluten 3.0“ des „Klima und Antira-Camps“ gegen Abschiebungen vom Fuhlsbüttler Flughafen im Terminal 1 mehr oder weniger geduldet wurde, löste die Polizei die Versammlung per Verfügung vor dem Flughafen Terminal Tango vier Stunden vorher auf. „Das ist ein klarer Verstoß gegen das Urteil des Oberverwaltungsgericht, sagt Demoleiter Andreas Blechschmidt.

Sie habe die Erlaubnis bis 12 Uhr ihre „Aktion Weltbürgerpass“ durchzuführen, schrieb die Flughafen Pressestelle einer Camp-Organisatorin. Gemeint war, dass Aktivisten den roten „Global Pass“ verteilen durften, worin über die Schicksale von Flüchtlingen informiert wird. Und auch als die ersten Aktivisten im Terminal 1 auftauchten und Parolen skandierten, lautete die Devise. „Ein bischen Protest darf sein.“

Obwohl Polizisten die Eingänge der Terminals 1 + 2 belagerten, konnte die Menge stetig anwachsen. Als Mütterchen mit Stützwagen verkleidete Frauen Lieder sangen gegen Abschiebung, während sich Dutzende von dem Abfertigungseingang zu den Gates A - D mit Transparenten „No Deportation“ niedersetzten. Von der Empore im ersten Stock hallte es derweil: „Solidarität muss praktisch sein, Feuer und Flamme den Abschiebebehörden“ – „Abschiebung ist Folter, Abschiebung ist Mord. Bleiberecht für alle und das sofort.“

Nach einiger Zeit bemerkten die AktivistInnen, dass sie sich inzwischen alleine mit der Polizei in der Halle befanden. Die Abfertigung der Maschinen war – so die Beobachtungen – in den benachbarten Terminal 2 verlegt worden. „Es hat niemand damit gerechnet, dass sie uns den Terminals 1 überlassen“, sagte ein Akivist während eines Spontanplenums, auf dem das weitere Vorgehen beraten wurde. „Wenn wir das hier aufgeben und nach draußen gehen, werden wir eingekesselt“, gab jemand zu bedenken „Nach drei Stunden sind wir jetzt unter uns, dann doch lieber einen gemeinsamen Abzug“, sagte eine andere.

Es wurde beschlossen, noch einmal Krach zu machen. Lautstark zog dann über die Rolltreppen durch alle Stockwerke und Restaurants eine Polonaise, die an einem riesigen Aluminiumkasten neben den Check In-Schaltern endete, der sich geradezu als Tanzbühne anbot. „No Border, No Nation, No deportation“. Als einige PolizistInnen die Tanzfläche in eineinhalb Metern Höhe räumten, um sich dann in Sieger-Pose aufzustellen, als sollte gleich ein Table Dance beginnen, gab es Spott satt. „Wir wolln euch tanzen sehn Euch, wir wolln euch tanzen sehn.“

Als sich diese Gruppe dann schließlich auf dem Weg zur Demo vor Terminal Tango machte, ist es bereits zu spät. Polizeiführer Hartmut Dudde hatte die Verfügung erlassen, ohne vorherige Warnungen, dass die Demonstration per polizeilicher Verfügung aufgelöst ist, weil von ihr „erhebliche Störungen“ ausgingen. „Dudde habe ziemlich deutlich gemacht, dass dies eine politische Entscheidung und eine Vorgabe von Innensenator Ahlhaus ist, sagte Demoanmelder Bela Rogalla. Das bezeichnete Innenbehörden-Sprecher Marco Haase auf Anfrage als „Unsinn“.

Die Polizei habe ursprünglich nur eine Demo bis 15 Uhr gewollt und löste diese dann einfach um 15, 20 Uhr auf. „Hier wird das Versammlungsrecht mit Füssen getreten“, sagt Blechschmidt, „weil Ahlhaus den Dicken heraushängen lassen will.“