Hakenkreuze als Privatangelegenheit

Staatsanwaltschaft Rostock stellt Ermittlungen gegen ein Zeltlager der rechtsextremen „Heimattreuen Deutschen Jugend“ ein: Es sei eine Privatveranstaltung gewesen. Sachsen-Anhalts Innenminister kritisiert die Entscheidung

Nach Ansicht der Rostocker Staatsanwaltschaft war das Zeltlager der rechtsextremen „Heimattreuen Deutschen Jugend“ (HDJ) in Hohen Sprenz eine Privatangelegenheit. Vor gut zwei Wochen hatten Polizei und Jugendamt im Landkreis Güstrow das Camp aufgelöst. Die Polizei warf dem verantwortlichen HDJ-Kader Martin Götze vor, „gezielt rechtsextremes Gedankengut“ zu verbreiten. Nun teilt die Staatsanwaltschaft Rostock mit, dass die Ermittlungen gegen Götze eingestellt sind. „Das Zeltlager war keine öffentliche Veranstaltung“, erklärt Oberstaatsanwalt Peter Lückemann.

Rund 50 Personen aus mehreren Bundesländern waren am 7. August auf einem Privatgelände zusammengekommen, unter ihnen 39 Kinder im Alter von 8 bis 14 Jahren. Anwohnern waren Trompetensignale und Fahnenappelle aufgefallen. Die Behörden durchsuchten das Lager und stellten rechtsextreme Materialien sicher. „Das Zeltlagerleben“ offenbarte, so die Polizei, dass hier „Verhaltensweisen und Lebensformen aus der Zeit des Nationalsozialismus praktiziert wurden“. Anschließend musste die HDJ wegen eines Beschlusses des Landkreises das Lager dort abbrechen (taz berichtete).

Staatsanwalt Lückemann erklärte nun, dass es nach Prüfung der „von der Polizei sorgfältig festgestellten Umstände keine Anzeichen für ein strafbewehrtes Verhalten“ gebe. Das Lager auf dem abgelegenen Gehöft sei eine „private Veranstaltung“ gewesen. Hätte die Veranstaltung einen öffentlichen Charakter gehabt, so wäre die Verwendung verfassungsfeindlicher Kennzeichen strafbar gewesen.

Die Entscheidung der Staatsanwaltschaft erfreut nicht allein die HDJ. Auch die NPD-Fraktion im Schweriner Schloss begrüßte die Einstellung der Ermittlungen. Die „Multi-Kulti-Extremisten“ hätten sich an „Kindern und Jugendlichen vergriffen“, wettert der NPD-Landtagsabgeordnete Stefan Köster. Die Solidarität verwundert kaum, da einige NPD-Kader auch HDJ-Aktivisten sind. So soll das Lager bei einem NPD-Funktionär in Langenheide fortgesetzt worden sein. Fraktionschef Udo Pastörs empfiehlt Eltern gern, ihre Kinder zu der HDJ zu schicken, die lediglich „Werte wie Aufrichtigkeit, Wahrhaftigkeit, Kameradschaft und Treue“ vermittle.

In der Politik löste die Entscheidung Überraschung aus. Deutlich wurde dabei der Innenminister Sachsen-Anhalts, Holger Hövelmann (SPD): „Wenn Kinder in einem Ferienlager Hakenkreuze und SS-Runen über sich ergehen lassen müssen, soll das nicht öffentlich sein? Da fehlt mir jegliches Verständnis. Da läuft die Welt doch verkehrt.“ANDREAS SPEIT