Speisung der 350

Eine Dinnershow für 350 Gäste pro Abend: Das neueste Projekt der Johannis-Gemeinde in Altona verärgert einige Anwohner. Es geht um Parkplätze, Lärm, Grünflächen und Bierflaschen

VON KRISTIANA LUDWIG

Ein Ort der Ruhe und Besinnung, der Andacht, untermalt mit erhabenem Glockengeläut – die St. Johannis Kirche in Hamburg Altona ist das noch manchmal. Verstärkt wurde das Gotteshaus in den letzten Jahren aber für Kulturveranstaltungen genutzt. Um Geld in den Gemeindetopf zu bringen, für soziale Projekte und maßgeblich für die Weiterfinanzierung des Gebäudes.

Das neuste Projekt der Kulturkirche Altona GmbH und des zuständigen Pastors Ulrich Hentschel sorgt jetzt für Streit in der Nachbarschaft: Der Varieté-Varanstalter Poetic Pepper Production soll ab Oktober für fünf Monate an sechs Tagen in der Woche den Kirchenraum für großzügige Dinnershows nutzen. Es werden rund 350 Gäste am Abend erwartet, mit Eintrittspreisen ab 79 Euro die „Schickeria“ Hamburgs, sagt der Vorsitzende des Bauausschusses Robert Jarowoy (Die Linke). Eine Großveranstaltung, die für eine „erhebliche Beeinträchtigung der Wohnqualität“ sorge.

Joachim Müntzel koordiniert nun nach eigenen Angaben die Proteste der Anwohner. Es gehe um Parkplätze, um Lärm, Grünflächen und Bierflaschen. Die Umfunktionierung der Kirche an der Max-Brauer-Allee sei vergleichbar mit einer „Großdiskothek“. „70 Prozent der Teilnehmer kommen mit dem Auto“, sagt der 57-jährige Kommunikationsberater. Hinzu käme der Anlieferverkehr für die Kochshow. Alles auf Kosten der Anwohnerparkplätze.

Hentschel, Gemeindepastor und Partyverwalter, sieht das anders: Höchstens drei LKW würden am Nachmittag anliefern, die Besucher aus Ottensen und Blankenese kämen hauptsächlich mit dem Taxi. Und mit dem Shuttlebus. Ansonsten gäbe es ja auch noch die Festanmietung der Veranstalter von Parkplätzen im Bahnhof und vielleicht sogar kostenlose HVV-Tickets. Das stünde aber noch nicht fest.

Überhaupt sind die Beschwerden aus Sicht des Pastors völlig überzogen: „Die Lärmemission ist geringer als bei einem kräftigen Orgelkonzert“, sagt er. Ihm sei „nicht ergründbar, warum die Anwohner gerade gegen diese Veranstaltung Sturm laufen“.

Laut Müntzel, dem Sprecher von, wie er sagt, rund 150 Anwohnern, sei die Nutzungsänderung der Kirche in diesem gewerblichen Ausmaß rechtlich nicht erlaubt. Und damit auch nicht die „Riesenheizaggregate“ und die „66 laufende Meter Container“ im Kirchgarten. Bis auf zwei Bäume habe man den nämlich „platt gemacht“. Hentschel nennt diese Anschuldigungen „richtige Unwahrheiten“. Auf einer Hundewiese würden die Schausteller und Servicekräfte während der Showabende unterkommen, nur ein Drittel der Container stehe im Garten. Die „Handvoll Nachbarn“, sei eher bewegt von anderen Ärgernissen, „aggressiv“ und „nicht an Klärung interessiert“, sagt der Gottesmann.

„Ich weiß, dass die Kirche große Nöte hat“, sagt Jarowoy vom Bauausschuss. Aber manchmal habe sich der Pastor in seinen Vorhaben etwas verstiegen: „Wie damals mit der Dessous-Show.“ 2001 war die Kirche in die öffentliche Diskussion geraten, als sie einer Wäsche- und Bademodenschau Raum geben wollte. Stefan Kröhnert von der Kulturkirche Altona sieht das heute nicht mehr so eng. „Das war ja keine SM-Messe mit Live-Piercing und -Tätowierung“, sagt er.

Am heutigen Dienstag wird die Bauprüfabteilung endgültig entscheiden, ob die Party ab Oktober steigen darf. Laut Jarowoy habe der Bauausschuss aber schon „grünes Licht gegeben“. Müntzel will trotzdem protestieren. Auf rechtlichem Wege und mit Demonstrationen.