Schule + Kirche = Neutralität?

betr.: „Deutschland, ein Kirchenstaat“, taz vom 25. 8. 08

Meine Frau und ich haben vor zwei Wochen unsere Tochter in einer städtischen Gemeinschaftsgrundschule in der Nähe von Köln eingeschult. Auf der allgemeinen Einschulungsfeier traten ein Vertreter der katholischen Kirche und ein evangelischer Pfarrer auf. Auf folgende schriftliche Anfrage an den evangelischen Pfarrer: „In dem Telefonat versuchte ich, Ihnen zu verdeutlichen, dass es weltlichen Eltern wie meiner Frau und mir u. E. nicht zuzumuten ist, sich im Rahmen einer Einschulungsfeier an einer städtischen Gemeinschaftsgrundschule zu seinem Glauben bekennen zu müssen, indem man z. B. nicht aufsteht, wenn religiöse Lieder gesungen werden, und dass es u. E. auch nicht zumutbar ist, dass unser Kind ohne unser Einverständnis gesegnet wird. Ich fragte Sie, ob Sie dafür Verständnis haben“, antwortete der Pfarrer u. a.: „Ja, ich halte Sie für einen dogmatischen Menschen, und zwar im negativen Sinne. Den Quertreiber möchte ich zurücknehmen, denn dieser Ausdruck ist mir eigentlich zu positiv für Ihr Verhalten. ‚Störenfried‘ wäre wohl besser, denn mit dem von Ihnen geäußerten Ziel – an der XY-Schule für eine größere weltanschauliche Neutralität zu sorgen – deuten Sie an, wogegen sich Ihr Sinnen und Trachten richtet. Ich höre das mit Sorge und kann Ihnen versichern, dass Sie dabei nicht nur in mir, sondern auch in Herrn XY und in weiten Teilen der Elternschaft unseres Dorfs eine profilierte Gegnerschaft finden werden. Inwieweit dieser Umstand einem gedeihlichen Zusammenleben an anderer Stelle förderlich ist, dürfen Sie abwägen. Insofern halte ich den Ausdruck ‚Störenfried‘ für angemessen.“

Der Vorgesetzte des Pfarrers hat sich gestern bei uns entschuldigt, auf eine schriftliche Entschuldigung warten wir noch.

THOMAS BRAUER, Pulheim