McCain holt Frau an seine Seite

BERLIN taz ■ John McCain wusste, dass er im Jubel über die Rede seines Konkurrenten Barack Obama nicht durchdringen wird. Also hat er keine Angriffe gefahren. Etwa auf die scheinbare Unerfahrenheit Obamas. Er hat ihm schlicht gratuliert. Er wolle „innehalten und sagen: Gratulation!“ Morgen werde man wieder gegeneinander Wahlkampf führen, sagte der Präsidentschaftskandidat der Republikaner. „Aber heute Nacht, Senator – das war gute Arbeit.“

Gute Arbeit wird jetzt auch von John McCain erwartet. Und bevor am Montag der Nominierungsparteitag der Republikaner in St. Paul im US-Bundesstaat Minnesota beginnt, hatte er noch eine Entscheidung zu treffen: Wer wird sein Kandidat für das Amt des Vizepräsidenten? Es wird völlig überraschend eine Kandidatin: die wenig bekannte Alaska-Gouverneurin Sarah Palin. Sie ist damit die erste weibliche Vizekandidatin in der Geschichte der Republikaner. Und wäre die erste Vizepräsidentin in der US-Geschichte – sollte McCain die Präsidentschaftswahl am 4. November gewinnen.

Die überraschende Ernennung Palins passt ins Bild eines Wahlkampfs, der sich gerade auf die Wählergunst von Frauen konzentriert. Vor allem auf Anhängerinnen von Hillary Clinton, die noch enttäuscht sind von der Niederlage ihrer Kandidatin im Vorwahlkampf gegen Obama.

Sarah Palin, 44, verheiratet, Mutter von fünf Kindern, seit 2006 Gouverneurin von Alaska, gilt jedoch als stramm konservativ und könnte mit ihren Positionen die evangelikale Parteibasis gewinnen, die von dem eher moderaten, als Querkopf verschrienen McCain noch nicht überzeugt ist. Sie ist entschiedene Abtreibungsgegnerin. Sie ist Mitglied der mächtigen Waffenlobby NRA. Und sie geht regelmäßig zur Jagd auf Elche. THILO KNOTT